Das Dufour-Schulhaus / L' école Dufour 1887
Karl Walser
Karl Walser (1877-1943) Autodidakt, Kunstmaler, Bühnenbildner, Kostümdesigner, Buchillustrator, Grafiker,
Innendekorateur
Schüler am Progymnasium Biel von 1887 bis 1891
Karl Edmund Walser kam am 8. April 1877 in Biel zur Welt. Der Vater Adolf (1833-1914), ursprünglich Buchbinder, stammte aus Teufen im Kanton Appenzell, seine Mutter Elisa Marti (1839-1894) aus Schangnau im Emmental. Die Eltern betrieben von 1880 bis 1885 an der Nidaugasse 36 in Biel ein Spiel- und Schreibwarengeschäft und die Familie wohnten auch in dem hohen Haus, bis sich die finanzielle Lage verschlechterte und sie umziehen mussten.[2]
Während Karl Walser mit sieben Geschwistern in Biel aufwuchs, kümmerte sich die Mutter um die musikalische Ausbildung der Kinder. Dass die fünf Jahre jüngere
Schwester Fanny ihrem Lieblingsbruder besonders Mozart auf dem Klavier vorspielte, war sicher nicht ohne Einfluss auf Karls spätere künstlerische Ausdrucksmöglichkeiten.[35]
Eine enge Freundschaft verband ihn mit seinem jüngeren Bruder, dem späteren Schriftsteller Robert Walser (1878-1956). Gemeinsam besuchten sie das Progymnasium im Dufourschulhaus, wo sie als Kadetten gleich
nach Eintritt dem militärischen Unterricht verpflichtet waren. Dies änderte sich erst 1892. Karl erhielt zuerst Zeichenunterricht von Jakob Haeuselmann (1822-1891) und dann von Robert Lanz, beide Meister ihres Faches. Häuselmann
war 11 Jahre lang Zeichenlehrer am Progymnasium und trat 1889 zurück. Sein Nachfolger Robert Lanz (1864-1931) hatte eine Ausbildung als Zeichenlehrer an der Kunstgewerbeschule in Biel und an der Kunstschule in Bern absolviert. Karls Zeichenunterricht
umfasste u.a. das Zeichnen nach plastischen Ornamenten (Gipsmodellen) nach der Natur mit Kreide oder Tusche und das Zeichnen von Flachornamenten höherer Art. Am 18. Dezember 1890 starb sein
Mitschüler Armand Sommer.
Danach kam Karl ans Technikum, wo er sich beim deutschen Bildhauer Ferdinand Huttenlocher (1856-1925) weiter ausbildete. 1893 absolvierte er eine Lehre als Bauzeichner bei einem Bieler
Architekten, die er jedoch nicht abschloss. 1894 besuchten Karl und Robert Walser eine Inszenierung von Schillers «Räuber» im Stadttheater Biel. Die Theaterbegeisterten schwärmten besonders für
den jugendlichen Rebellen Karl Moor. Davon zeugt ein kleines Aquarellbild vom Karl Walser, das den jungen Robert in einem fantasievollen Räuberkostüm zeigt.[57] Im gleichen Jahr starb die gemütskranke Mutter im Alter von 55 Jahren und ihre älteste Tochter Lisa führt den Haushalt weiter.
Studien in Stuttgart und Strassburg
Karl Walser entwickelte seine künstlerische Laufbahn in Deutschland. Er lernte von 1894 bis 1896 Dekorationsmalerei bei Gustav Kämmerer in Stuttgart. Dann ging er von 1896 bis 1897 mit einem
eidgenössischen Stipendium nach Strassburg auf die Kunstschule, wo er von Teubner und Carl Jordan unterrichtet wurde. Sein Bruder Robert folgte ihm dorthin. Beide kehrten am Oktober 1897 für eine
kurze Zeit in die Schweiz zurück und hielten sich in Zürich auf. Im März 1898 reiste Karl Walser nach München, wo er einige Monate als Dekorationsmaler bei Adolf Lentner arbeitete. Dort lernte
Walser den Buchkünstler Marcus Behmer (1879-1958) kennen, mit dem er sich anfreundete.[32] Beide bewunderten die Werke von Aubrey Beardsley (1872-1898).
Walser wohnte zu dieser Zeit in Riesenfeld und widmete sich der Landschaftsmalerei.[17] Dann zog es ihn wieder in die Schweiz, wo er Landschaften am
Zürichberg, in Solothurn und um Biel malte.[32]
Karriere in Berlin
1899 liess sich Karl Walser in Berlin nieder, wo er zunächst in Pankow, in der Wollankstrasse 22 wohnte. [32] Hier wandte er sich am Anfang der Lithographie zu, um sich später ausschliesslich der
Malerei zu widmen.[4]
Karl Walsers Aquarell vom Savigny-Platz, Berlin.
Reproduktion aus Deutsche Kunst und Dekoration, Verlag Alexander Koch, Band 23, Darmstadt, Oktober 1909 bis März 1909.
Mitglied der Berliner Secession
In München, Berlin, Wien und Darmstadt entstanden Künstlergruppen die sich gegen die bestehenden Standesorganisationen und gegen die offizielle akademische Kunst wandten. In Berlin gaben die
Auseinandersetzungen um das Werk Munchs den Anstoss. Die Berliner Secession wurde 1899 unter dem Vorsitz des Malers Max Liebermann (1847-1935) gegründet. Sie war für die Entwicklung der modernen
Kunst in Deutschland von entscheidender Bedeutung. Ihr schlossen sich bald die aus München zugezogenen impressionistischen Maler Lovis Corinth (1858-1925) und Max Slevogt (1886-1932) an.
Geschäftsführer der Secession war jahrelang Paul Cassirer (1871-1926), der auch eine eigene Galerie führte, während sein Cousin Bruno Cassirer (1872-1941) sich als Verleger profilierte und ab
1902 die angesehene Zeitschrift «Kunst und Künstler» herausgab, die die Secession unterstützte. Die Zeitschrift hatte Karl Walser gewissermassen entdeckt und seine Karriere mit zahlreichen
Berichten und Abbildungen nachverfolgt.[15] Karl Walser beteiligte sich 1902 erstmals an der Secessionsausstellung
mit seinen Werken «Das Abendessen», «Aussicht vom Fenster» und einem kleinformatigen Damenbildnis, das sich heute im Nachlass in Biel befindet. 1903 wurde er ordentliches Mitglied und nahm
regelmässig an den Ausstellungen teil. [10] Durch die Secessionsausstellungen in Berlin, München, Düsseldorf und Hamburg wurden die Ölbilder und Pastelle Karl Walsers bekannt. Als er 1903 in
Berlin sein «Traum» ausstellte, nannte es das Hamburger Fremdenblatt (16. 4. 1903) «ein malerischer Ulk.» An dieser Secessions-Ausstellung zeigte er auch verschiedene Holzschnitte. Der
Schwäbische Merkur vom 1. 5. 1903 schrieb: «Karl Walser amüsiert mit bizarren Einfällen».
Inzwischen war Walser Name in weiten Kreisen bekannt durch die Dekorationsskizzen der Reinhardt-Posse «Einen Jux will er sich machen», die seinen barocken Humor
offenbarten. An der Ausstellung von 1904 fand sein kleines Bild «Die Strasse» grossen Anklang. Walser liebte die urbane Atmosphäre, die er biedermeierlich-fantastisch stilisierte. 1904 wurde die
NZZ auf ihn aufmerksam, als sie am 14. Oktober schrieb: «Die Grossstadt Berlin hat ihre eigentümliche Poesie und Romantik. Da ist ein kleines Bild von Karl Walser, Prospekt einer langen, geraden,
trostlos gleichförmigen Strasse zwischen hohen Häuserreihen mit schwarzem Nachthimmel und grossen, langsam dahinziehenden Wolken. Die Strasse ist ganz menschenleer, es liegt etwas Schnee. Die
langen Fensterreihen sind alle schon dunkel. Irgendwo ganz oben, zwischen weissen Gardinen, taucht ein kleiner, freundlicher, blassgrüner Lichtschein auf. Nun sehen wir einen jungen Menschen, der
unverwandt nach oben zu dem einsamen Lichtchen starrt.»
Am 16. Dezember 1905 fand der Ball der Berliner Secession erstmals in den eigenen Räumen des Vereins statt. Das Ausstellungsgebäude am Kurfürstendamm wurde zu einem Festsaal ausgebaut, den Karl
Walser im Stil eines Gartens der Zeit um 1850 ausmalte. Die Ausschmückung der an den Hauptsaal angrenzenden Räume hatte Ludwig Stutz übernommen. Direktor Reinhardt führte am Festabend mit
Mitgliedern des Deutschen Theaters Shakespeares «Komödie der Irrungen» in einer Neuinszenierung auf. Dekorationen und Kostüme wurden nach Angabe von Mitgliedern der Secession
angefertigt.[37]
1908 entwarf er das Plakat für das Faschingsfest der Secession. Auf den Ausstellungen zeigte er 1908 den «Blick auf eine Berliner Strasse», den «Blick aus dem Atelierfenster» mit den gleichförmigen Häuserzeilen des Berliner Westens, 1909 den «Abbruch» eines Hauses durch mehrere Arbeiter und «Das alte Ballhaus», 1910 den «Bahnhof Tiergarten», 1911 den «Kurfürstendamm». Mit seinen Werken zeichnete er ein ebenso wirklichkeitsgetreues wie liebevoll gemaltes Bild der Grossstadt Berlin. Ein Kritiker bemerkte: «Ich wüsste niemanden, der das moderne Berlin getreuer geschildert hätte als Walser».
Als sich im Vorstand der Secession eine Krise abzuzeichnen begann, wurde Karl Walser von 1907 bis 1912 Mitglied des Vorstandes. Sein Bruder Robert fungierte eine Zeit lang als deren Sekretär. Karl Walser löste 1910 Paul Cassirer als Ausstellungsleiter ab und war 1911 Jurymitglied der 22. Ausstellung. 1911 erfolgte ein grosser Wechsel im Vorstand, von dem nur Louis Corinth, Hans Baluschek und Karl Walser übrig blieben. Liebermann, der nach 12 Jahren als Präsident zurücktrat, forderte, dass in Zukunft der erste Vorsitzende nur noch zwei Jahre im Amt bleiben dürfe.[10]
Kleine Bilder an grossen Ausstellungen
Karl Walser beobachtete die Natur, das Grossstadtleben und die Menschen, die er dann in seinen Aquarellen, Gemälden und Zeichnungen recht authentisch, fast dokumentarisch festhielt. Andererseits hatte er auch eine überbordende Phantasie und malte groteske Gestalten und Traumwelten. Seine Werke, meist kleinformatige Bilder, waren an zahlreichen Ausstellungen zu sehen und hielten bald Einzug in die grossbürgerlichen Wohnstuben.
Seine Kaltnadelarbeiten nannte er «Am Fenster», «Am Parktor im Kahn», «Auf dem Sofa», «Auf der Bank», «Frühling am Bach», «Der Balkon», «Dichter am
Schreibtisch», «Im Bett», «Landschaft mit Haus»,«Landschaft mit Teufel», «Liebeserklärung, «Ruhender in Landschaft», Schneegestöber», «Schneelandschaft», «Spaziergänger», «Volksredner», «Weg
zwischen Gärten» (alle 25,5 x 33), «Der Balkon» (50 x 39), «Strassenbild» (50 x 39), «Wirtsgarten» (50 x 39). Im Kunstsalon Cassirer hatte er mehrmals Gelegenheit, seine Sammlung auszustellen.
1905 zeigte er dort das Bild «Phantasie», das einen Wundergarten enthielt und zusätzlich von einer elektrischen Bogenlampe beleuchtet wurde. Durch eine raffinierte Farbgebung dehnte er die
Traumatmosphäre auf das gesamte Werk aus. Am 6. April 1907 besuchten Prinz Johann Georg und seine Prinzessin den Dresdner Kunstsalon, wo Karl Walser seine Bilder ausstellte. Zu sehen waren u.a.
«Die Strasse in Delft» und «Blick aus dem Fenster» (22 x 18,5), das der Deutschen Kunstverein erwarb. Ebenfalls 1907 zeigte er seine Werke auf der ersten Grafikausstellung des Deutschen
Künstlerbundes.
Am November 1907 präsentierte Karl Walser im Kunstsalon Cassirer einige Bilder altniederländischer Städte. Das Berliner Tagblatt (3. 11. 1907): «Walser schilderte das behaglich Kuriose des
Landes, das wohl jeder empfindet, aber noch niemand künstlerisch auszudrücken wagte. Ein Stück Gracht, hochstehendes Wasser, die Ziegel der Häuser nass von Regen. Jede Klinker, jeder Ziegel, jede
Fuge wurde porträtiert. Da ist so viel Kunst wie Humor drin.»
Am 16. Februar 1908 fand in Halle die vom dortigen Kunst-Verein organisierte «Ausstellung moderner Meister» statt. Die Saale-Zeitung (17. 2. 1908):
«Walsers Bilder sind romantisch und stilisiert. Am deutlichsten zeigt sich dies im ‹Einsiedler›, das mit zu den besten Bildern der Ausstellung gehört und sich auch durch seine Farbkomposition
auszeichnet. Prachtvoll ist auch das Gemälde ‹Garten›, ein Bild, das in einem Rahmen von Kastanienblättern einen Blick auf einen zierlichen Teich, sonnenbeschienene Gartenwege und eine kleine
zierliche Dame zeigt. Ein Ausschnitt aus der Zeit der Schäferspiele, als die Liebe auf Stöckelschuhen tanzte. Die ‹Tänzerin› versinnbildlicht das Wesen unserer Varietés. Das eigenartige Bild
‹Traum› erfordert ein Sichversenken, bis der Betrachter begreift, dass der hübsche kleine Pierrot mit den roten Lippen Sehnsucht hat und von der übergrosse Frau, die ihn mit bösem Blick anschaut,
verführt wird- natürlich im Traum. Der ‹Spaziergang› zeigt Walsers Begabung für Illustrationen und seinen feinen Humor. Man sieht auf dem Bild nur ein Stück von einem blauen und weissen Röckchen,
zwei kleine und zwei grosse Füsse und ein Paar schwarze Hosen. Davor stehen struppige Tannen und über dem Wald liegt Stille.»
Viele seiner bekannten Bilder wurden versteigert, so «Heinrich von Kleists Grab am Wannsee», ein Originalaquarell, signiert 1911 (35 x 26) oder «Dame in grüner Krinoline», eine aquarellierte
Original-Bleistiftzeichnung, signiert und datiert 1905 (33 x 25).
Buchillustrator
In Berlin begann Karl Walser mit Buchillustrationen oder in seinen eigenen Worten als «Buchdeckler». Es war die Zeit der «Neuen Deutschen Buchkunst». Die deutsche Buchkultur, die bereits im
Mittelalter ihren Anfang nahm, verlangte eine möglichst kunstvolle Herstellung und Ausstattung des Buches. Dazu gehörten gutes Papier, ein klarer Druck und eine gut lesbare Schrift sowie ein
besonders fester und haltbarerer Einband. Dieser, verziert mit einer Titelinschrift oder Zeichnung, übte eine künstlerisch auf den Betrachter aus. Zeichnungen und andere Ornamente mussten daher
von einem Künstler entworfen werden. Im 19. Jahrhundert setzte u.a. durch die Schnellpresse und die Drahtheftung ein Niedergang der Buchkunst ein, der in den 70er und 80er Jahren seinen Tiefpunkt
erreichte. Das Buch sollte nun auch für die Arbeiterklasse erschwinglich sein und musste daher billig hergestellt werden. Es hatte schlechtes Papier, Pappe statt Leder und wenn es Leder war, dann
war es chemisch und gefärbt. Goldauflagen wurden durch Bronzeauflagen ersetzt usw. Inzwischen hatten die Engländer die Schrift nach den alten Vorbildern des 9. und 10. Jahrhunderts und die der
Renaissance systematisch erneuert. So entstand 1894 nach englischem Vorbild die neue deutsche Buchkunst, an der sich namhafte Künstler beteiligten. Insbesondere die bedeutenden Verlage Eugen
Dietrich in Jena, Insel in Leipzig, Georg Müller in München, Paul/Bruno Cassirer und Samuel Fischer in Berlin gaben dem Buch seine Qualität und künstlerische Ausstrahlung zurück, sei es als
Standartwerk oder als limitierte Liebhaberausgabe. Auch die Verlage Ernst Rowohlt in Leipzig und Rütten & Loening in Frankfurt brachten beachtliche Werke hervor. Künstler wie Karl Walser und
sein Freund Professor Emil Orlik (mit seinen Japanbildern) konnten nun den Buchschmuck ansprechend gestalten.[34]
Bruno Cassirer beschreibt 1925 in seinem Buch «Aus der Werkstatt eines Verlegers», wie die graphischen Techniken des illustrierten Buches mit Aquarellen,
Buchdeckelzeichnungen und Einbänden entstehen. 1903 zeichnete Karl Walser für Max Reinhardt das Titelbild für dessen neue Zeitschrift «Das
Theater».[14] Die Verlage beauftragten ihn regelmässig mit Buchillustrationen. Davon profitierte auch sein 1905 zugezogener Bruder Robert, der nun ebenfalls
einen Verleger und in Karl den idealen Illustrator fand. Am ehemaligen Standort ihrer Atelierwohnung in Berlin-Charlottenburg, Kaiser-Friedrich-Strasse 70, befindet sich seit 1993 eine
Gedenktafel.
«Es gibt ein Paar deutschschweizerische Brüder, beide liebenswerte
Künstler von ungewöhnlicher Begabung: Karl und Robert Walser»
Hans Bethge, Deutsche allgemeine Zeitung, Morgen-Ausgabe, 3. 2. 1920, S. 2
Das Team Karl und Robert Walser
Zwischen 1904 und 1925 hatte Karl fünf Bücher seines Bruders mit Illustrationen gestaltet und für sechs weitere Werke Bucheinbände geschaffen. Claire Badorrek-Hoguth: «Die Korrespondenz Robert Walsers mit dem Insel-Verlag anlässlich der Herausgabe von Fritz Kochers Aufsätzen zeigt sehr deutlich, mit welcher Hingabe Karl Walser an der gesamten Gestaltung eines Buches mitwirkte, von der Wahl des Papiers über das Format bis zur Schrift und der Anordnung der Illustrationen im Text».[35] 1904 entstanden für Karl und Robert Walsers erstes Buch 11 Federzeichnungen. Karls Radierungen wurden direkt in den Text gedruckt. Ein hauchdünnes blaues Japanpapier diente als Schutz. Neben der gehefteten Ausgabe erschien eine in Pappband und eine in Ganzleder gebundene, denen die Umschlagillustration fehlt.[23] Dr. Oswald Kahnt: «Karl Walsers Bilder schildern mitunter humorvoll mit nur wenigen Strichen ein Ereignis, eine Situation oder eine Stimmung.»[22] Und ein Buchkritiker des Hannoverschen Kuriers vom 29. 12. 1906 schwärmte: «Ich liebe das Buch auch, weil es die wunderbaren Zeichnungen von Karl Walser enthält. Diese 11 Zeichnungen gehören zum Schönsten, die ich von dem Künstler kenne. Welch eine letzte Vereinfachung der Linien und welch ein poetischer Glanz. Der dichterische Stil Robert Walsers und der gezeichnete seines Bruders sind eng verwandt: in beiden herrscht dieselbe, man möchte sagen, mythische Einfachheit. Wie hier ein junger Maler, der durch den Regen geht, oder ein junger kranker Dichter, der am Fenster sitzt und traurig in die Tannen hinausblickt, oder ein Schulzimmer mit Kindern dargestellt ist, muss man sehen, um den ganzen Reiz der Walser‘schen Linienkunst zu empfinden.» Fritz Kocher (1876-1940), Namensgeber des Buches, war ein ehemaliger Schulkamerad vom Dufour-Schulhaus. Für den Insel-Verlag war das Buch von den Verkaufszahlen her damals ein Misserfolg und Bruno Cassirer erwies sich nun als wichtigsten Förderer der Brüder.
1906/07 erschien der Roman «Geschwister Tanner» (V Bruno Cassirer) mit einer mehrfarbigen Lithographie, während die Innenausstattung keine Bilder hat. Robert Walser beschreibt darin seine Freundschaft zu Karl: «Wir haben eine verrückte Freundschaft geschlossen, als ob es sonst unter den Männern nichts ausfindig zu machen gäbe, was wert könnte genannt werden, Freund zu heissen. Eigentlich sind wir gar keine Brüder, sondern Freunde, wie zwei sich einmal auf der Welt zusammenfinden.» In der Stadtbibliothek Biel fanden sich drei verschiedene Exemplare der 2. Auflage von 1907: In Softcover (1717TRI) mit Widmung von Karl Walsers Schwestern Lisa (1874-1944) und Fanny (1882-1973) «Herrn J. Siegenthaler. Mit bestem Gruss und Dank! Lisa und Fänni Walser. Thun, den X. Sept. 08». Dann in Hardcover mit goldverziertem Papier und derselben Lithographie (1717DB) und eine ohne die bekannte Lithographie (1717).
Für Robert Walsers eindringliche Alltagsstudie «Der Gehülfe» (1908, V Bruno Cassirer) hielt Karl auf dem Einband folgenden Moment fest: Zart getönte Bäume umgeben einen Weg, der zur Villa Tobler hinaufführt. Der Gehülfe mit seinem Köfferchen in der Hand, steht vor dem Gitter und erbittet um Einlass. Karl Walser konzentrierte sich in der Farbgebung nur auf die Ziegelsteine. Das Buch erschien in 3 Versionen: Standard in gelb-weissem Pappband, in Ganzpergament gebunden und in Leder.[23]
1909 folgte der Einband für das Tagebuch «Jakob von Gunten» (V Bruno Cassirer) mit mehrfarbigem Druck. Das Buch «Gedichte» (1909), mit 16 Originalradierungen
(Kaltnadelarbeiten), farbigem Einband und aus Büttenpapier, war in 300 nummerierten und signierten Exemplaren erhältlich. Die Form des Buches, das anstelle der mechanischen Reproduktion der
künstlerische Originale die Originale selbst in den Text druckt, so dass Radierungen und Text eine Einheit bilden, war eine sehr alte Druckform, die nun neu aufgelegt wurde. Sie zeigt die
Originalhandschrift des Dichters und Malers. Karl Walser arbeitete erstmals mit Originalradierungen in «Briefe der Ninon de Lenclos», das bereits vor Erscheinen vergriffen war. Nachdem die
«Gedichte» schnell vergriffen waren, erschien eine Ausgabe B, in der die Originalradierungen auf einfachem Papier wiedergegeben wurden. Der Buchschmuck-Experte Felix Doppenberg fand die
«Gedichte»-Zeichnungen «voll nachdenklicher Anmut im echten Einklang zu den Poesien.»[24]
Von dem bei Oscar Brandstetter in Leipzig gedruckten Band «Aufsätze» wurden 25 Exemplare auf Bütten abgezogen und handschriftlich nummeriert. Karl Walser zeichnete den farbigen Einband. Auf einem geschlossenen Buch liegen ein rotbackiger Apfel, eine grüne Birne und zwei schwarze Kirschen. Die Früchte sind auch als Vignetten in den Text eingestreut.[23]
1909 Der Gehülfe 3. Auflage
Stadtbibliothek Biel
1909 Jakob von Gunten
Stadtbibliothek Biel
1909 Gedichte
Nationalbibliothek Bern
1913 Aufsätze
Stadtbibliothek Biel
Die «Geschichten» (V Kurt Wolff) hatte Karl Walser mit 31 Bleistiftzeichnungen wunderschön illustriert. 1914 konnte der Leser zwischen vier Druckfassungen wählen. Eine erschien in einer Auflage von 100 Exemplaren auf Stratford-Bütten in gelb getöntem Ledereinband mit geprägter Deckelzeichnung. Die Standardausgabe mit Einband und Zeichnungen von Karl Walser, gedruckt bei Hesse & Becker in Leipzig, sowie zwei weitere Versionen mit unterschiedlichem Papier befinden sich in der Stadtbibliothek Biel. L. Maas: «Zwischen den Geschichten und den kleinen anspruchslosen und doch so bewegenden Handzeichnungen besteht ein innerer Zusammenhang, dass ich zum Schluss kam, es sei nicht möglich, eine andere passendere Illustration zum Buch zu geben.».
Walsers «Kleine Dichtungen» (1914 V Kurt Wolff) wurde für den Rheinländischen Frauenbund hergestellt. Es hat eine goldgeprägte Einbandzeichnung und ist vom Autor
signiert. 1915 folgte eine zweite Auflage für den Buchhandel, mit einem orangen Einband, verziert mit einem Zweiglein. Des weiteren illustrierte er «Prosastücke» (1916 V Rascher), «Poetenleben»
(1918 V Huber), «Komödie» (1919 V Bruno Cassirer) mit einer farbigen Einbandzeichnung, «Seeland» (1919) mit 5 Radierungen in einer Auflage von 600 Exemplaren und schliesslich Robert Walsers
letztes Buch «Die Rose» (1925 Ernst Rowohlt) mit einer lithographierten Einbandzeichnung.[23]
Luxusausgaben für jedes Genre
Karl Walser gestaltete über 100 Bücher für andere Schriftsteller. In der Berliner Kunstzeitschrift «Kunst und Künstler» (Band 8) erschien 1905 als Beilage seine Originallithographie «Ein Sommernachtstraum». Für die Gesammelten Werke Thomas Manns schuf er mehrere Einbände.
Professor Dr. Oskar Bies aufwändig gestaltetes Buch «Der Tanz» schildert der Tanz als Kunstwerk. Mit 100 Abbildungen verschiedenster Künstler ausgestattet, kreierte Karl Walser den Einband. Foto: Der Tanz, Verlag Bard, Marquardt & Co., 1906,
Schweizerische Nationalbibliothek Bern.
Die Ausstattung von Lederstrumpf (1909, V Cassirer) war eine Gemeinschaftsarbeit zweier Künstler der Berliner Secession: Karl Walser entwarf den Umschlag und Max
Slevogt zeichnete die Initialen zu den Kapiteln. Die vierbändigen «Abenteuer des Chevalier Faublas» (1910 V Georg Müller), für die er 4 Titelvignetten und 12 schöne Radierungen schuf, wurde von
der Münchner Staatsanwaltschaft als unsittlich beschlagnahmt, aber nach Protest zahlreicher Künstler und Schriftsteller wieder freigegeben.[32] Die
Buchzeitschrift Zwiebelfisch: «Walser schmückte Faublas mit zarten Kupfern in Röteln mit aller Eleganz, die wir seit den Büchern des 18. Jahrhunderts so oft vermisst haben.»[49]
«Leonce und Lena» (1910, V Bruno Cassirer), für das Walser 10 Originallithographien und das Titelbild schuf, nimmt in der deutschen Bibliographie eine Sonderstellung ein. Es war bis dahin das
einzige Buch, das mit mehreren Farblithographien illustriert war. 250 Exemplare wurden auf echtem van Gelder-Bütten gedruckt und tragen auf jedem Exemplar die Signatur des Künstlers.[43] Eine einzige Nacht (1911, V Bruno Cassirer) erschien mit 12 Radierungen in 400 nummerierten Exemplaren, in hellblauem Leder und mit Silberschmuck.
Als Karl Walser für Max von Boehns Buch «Biedermeier» Einband, Titel und Kapitelrahmen gestaltete, schwärmte der deutsche Dichter Hans Bethge (1876-1946) in der Literarischen Vorschau des
Hamburger Fremdenblatts (31. 12. 1911): «Karl Walser ist einer unserer allerbesten Buchkünstler.»
Für die «Brautwahl» (1913, V Bruno Cassirer) steuerte Walser 8 Szenenbilder, viele handkolorierte Figurinen und den Einband bei. Die 200 nummerierten und signierten Exemplare erschienen in einem
gelblich getönten, mehrfarbigen Japaneinband und mit weissem Glacélederrücken.
1913 nahm Karl Walser an der Kollektivausstellung in Leipzig teil, auf der Buchillustratoren ihre Originale und Drucke präsentierten. Viele seiner Werke waren schnell vergriffen, vor allem die
Luxusausgaben. Das Buch «Dasselbe» wurde in einer Auflage von nur 50 Exemplaren auf kaiserlichem Japanpapier gedruckt. Es erschien für einen kleinen Kreis von Subskribenten.
Im Zeichen des Krieges
Seine Zeichnungen stellte Karl Walser von 1914 bis 1916 in einigen wenigen Druckerzeugnissen auch der Kriegspropaganda zu Verfügung. Es begann mit der Mitwirkung im Kriegsblatt Deutscher
Künstler. Ab August 1914 gab der Redaktor Alfred Gold im Paul Cassirer Verlag das wöchentlich erscheinende Künstlerflugblatt «Kriegszeit» heraus, an dem die führenden Köpfe der Berliner
Secession, besonders Max Liebermann und Otto Hettner, beteiligt waren. Auf vier Seiten erschienen künstlerische Beiträge in Form von Originallithographien (49 x 32,5 cm), meist mit Text. Der
Erlös war für gemeinnützige Zwecke bestimmt, vor allem für die Kriegskasse des wirtschaftlichen Verbandes bildender Künstler Berlins. Die Blätter lagen in den Berliner Kiosken und Buchläden zu
einem günstigen Preis auf. Der Inhalt richtete sich meist gegen England. Für das Blatt vom 11. November 1914 zeichnete Karl Walser das Bild «Bei der Munitionskolonne - Aus dem Feldbrief eines
Malers und Offiziers an seine Frau», von dem nur zehn Abzüge existieren. Walsers Beitrag befindet sich u.a. im Museum of Modern Art (MoMA). Der Bildtext lautet:
«Liebste . . . Heute war ein übler Tag. Gestern um 6 Uhr nachm. weg, um Munition zu holen (nun schon die 3. Nacht). Hatte Munition verladen, um 7 Uhr war ich nach
einem Marsch von 50 km in der Nacht endlich beim Bataillon, das aber nicht zu finden war, da es unterdessen so stark von feindlichen Granaten beschossen worden war, dass es abrücken musste. Nun
war ich im Druck, was mit meiner Kolonne machen, ich ritt vor, um den Bat.-Kommandeur zu suchen. Ein Major schrie mir zu: Was wollen Sie? Ich rief wieder: Munition für Mörser bringen! Er wieder:
Das ist nicht der Moment. Ich Galopp wieder zurück (vorne und hinten platzten die Granaten), führte meine Kolonne in Sicherheit und ritt dann wieder vor, um mein Bataillon zu finden. Schliesslich
fand ich es, Munition dort abzuladen, war unmöglich, ich musste die Munition in einem Dorf in der Nahe abladen. Wie ich gerade dabei war, kam der Prinz . . . , der Kommandeur des .. Garderegt.
ist, und unterhielt sich lange mit mir, aber nur über Mörser. Schliesslich um 10 Uhr Vormittag war ich zu Hause, todmüde und rasend erkältet. Bis 1 Uhr geschlafen, dann gut gegessen und wieder
hingelegt zum Schlafen, bis ich um 3 Uhr aufgeschreckt wurde von einem Flieger, der in unser Dorf Bomben warf, was eine masslose Aufregung bei uns verursachte. Man schoss wie wahnsinnig nach ihm,
aber er war viel zu hoch. Die Flieger sind mit ihren Bomben ekelhaft, man ist ganz wehrlos. Abends erschienen einige *Schrapnells, aber viel zu kurz, ohne irgendwelchen Schaden zu tun.
Hoffentlich geht’s nun vorwärts bald, das Warten ist unerträglich auf die Dauer. Verschossen wird unsagbar viel, aber wir sind guten Mutes..... Noch ist genug da.
B. bei R., den 24. Sept. 14
Dein …»
*Schrapnell ist eine Artilleriegranate, die mit Metallkugeln gefüllt ist.
1915 zeichnete Karl Walser Titel und Umschlag für das Buch «Kriegslieder des XV. Korps 1914 - 1915» (Verlag Paul Cassirer). Es wurde im Auftrag des 15. Armeekorpses herausgegeben. Der Erlös war für die Pflege der Gräber der Angehörigen des 15. Korps bestimmt.
Lesezeichen für Kriegsopfer
1916 widmete er sich mit seinem Lesezeichen «Durch Kampf zum Sieg» der Fürsorge. Er schuf zusammen mit den Malern Hans Bohrdt, Lovis Corinth, Karl Langhammer, Max Liebermann, Hans Looschen und Emil Orlik Originalradierungen, die sie dem preussischen Landesverein vom Roten Kreuz zum Zweck der Verwundetenpflege stifteten. So konnte das Rote Kreuz jedem Spender ein künstlerisch wertvolles Andenken als Ehrengabe überreichen. Jeder Spender von 10 Mark erhielt nach seiner Wahl eine Originalradierung in Form eines Lesezeichens. Die Künstler hatten sich bereit erklärt, die Lesezeichenradierungen für die Spender von 50 Mark handschriftlich zu signieren. [48]
Walser stattete «Prinz Friedrich von Homburg» (1919, V Bruno Cassirer) mit 55 Steindrucken aus. Von der Ausgabe A gab es 20 Exemplare. Jedes Blatt handgedruckt auf
Japan, signiert, in Ganzpergamentkasten mit Goldprägung und Goldschnitt. Die Ausgabe B war eine nummerierte und signierte Ausgabe in 300 Exemplaren auf handgeschöpftem Bütten mit gebundener
Deckellithographie von Karl Walser und Goldschnitt.
Zu Hermann Hesses «Knulp» (1922, V Fischer) fertigte Karl Walser 16 Steinzeichnungen, die in Berlin von M. W. Lassally auf der Handpresse gedruckt wurden. Das Buch erschien auf Bütten in 360 nummerierte von Karl Walser signierte Exemplaren und einem Halbfranzband nach seinen Entwürfen. In Licht- und Schattenwirkung fasste er die Geschichte zusammen. Gleichzeitig erschienen die Zeichnungen signiert in einer von Karl Walser entworfenen Halbledermappe.
«Miroir de Jésus» - Karl Walsers spirituellstes Werk
Die Bernische Kunstgesellschaft gab 1936 das 16-seitige Folioheft «Miroir de Jésus» heraus. Anlass war ein Konzert des «Miroir de Jésus» im Berner Münster, das unter der Leitung von Fritz Brun im März 1934 aufgeführt wurde. Den Text in 15 französischen Versen schrieb der religiöse Dichter Henri Ghéon in Paris, welche der Musiker Andre Caplet für Mezzosopran, Frauenchor, Streichorchester und Harfe vertonte. Karl Walser schuf dazu die Zeichnungen, in denen er die ganze Innigkeit der Dichtung und der Musik in seiner einfühlsamen Art bildlich wiedergab.[59] Walter Vinassa, Präsident der Bernischen Kunstgesellschaft: «Das Werk ergriff mich derart, dass ich die einzelnen Szenen bildhaft vor mir sah. Beim Hinausgehen besprach ich es mit dem Bildhauer Hermann Hubacher, fragte ihn, ob er einen sensiblen Künstler kenne, der den Text illustrieren könnte. Ohne zu zaudern nannte er Karl Walser. Mein Versuch, ihn zu einer Illustration zu bewegen, schien zu scheitern: Der Künstler erklärte mir unter der Türe, er könne eines Magenleidens wegen solche Aufträge nicht mehr annehmen; auch seine Augen seien nicht mehr scharf genug. Nach anderthalb Jahren erklärte er sich dann bereit, die Zeichnungen zu erstellen.» [60] Die Publikation im Format 27x37 wurde bei Gebr. Fretz & Cie. gedruckt. Es wurde eine schöne Wahlbaum- Antiqua gewählt, die sich ruhig in das Gesamtbild einfügt. Nur wenige Exemplare gelangten in den Handel: etwa 70 Stück in einer Ausgabe auf weissem Kupferdruckpapier (Zerkallbütten) mit vier Lithos und eine Vorzugsausgabe von 30 Exemplaren auf kaiserlichem Japan mit sechs Lithos. Diese Lithos wurden noch einmal speziell in Rötel abgezogen, so dass sie auch als Wanddekoration dienen konnten.[59] Das Buch fand auf der Pariser Weltausstellung grossen Anklang und war schnell vergriffen.
«Daphnis und Cloe» wird prämiert
Der Schweizerische Buchhändlerverein hatte 1943 die in verschiedenen Ländern, vor allem in England und Deutschland schon seit langem bestehende Institution der Prämierung der schönsten Bücher nun auch in der Schweiz eingeführt. Sie fand erstmals im März 1943 statt, wobei die Gesamtzahl der zu prämierenden Bücher auf 25 festgelegt wurde. Die Bewertung erfolgte nach einem Punktesystem, wobei folgende Merkmale berücksichtigt wurden: 1. Material, 2. typographische Gestaltung, 3. Einband und Schutzumschlag. 4. Verhältnis von Ausstattung, Inhalt und Preis und 5. allgemeiner Eindruck. Zu den Gewinnern gehörte «Daphnis und Cloe», illustriert von Karl Walser. Es erschien zum 10-jährigen Bestehen der Buchhandlung Kurt Stäheli in Zürich. Die NZZ (30. 11. 1943): «Walsers Zeichnungen sind koordinierte Musik. Hauchhaft schön entsprechen sie dem Liebeszauber des Romans.»[65]
Illustrierte Bücher (Auswahl)
1902: Alfred Lichtwark: Drei Programme, 2. A. (E), 1904: Robert Walser: Fritz Kochers Aufsätze (11 Z), Frank Wedekind: Die Büchse der Pandora, 2. A. (E), Oskar
Levertin: Aus dem Tagebuch eines Herzens und andere Rokokonovellen (E), Robert Fischer: Peter Paul Rubens (Z), Maxim Gorki: Verlorene Leute (E), Gustave Flaubert: Der Roman eines jungen Mannes
(E) 1905: Jakob Schaffner: Irrfahrten (E), Alfred Walter Heymel: Zwölf Lieder (E), Oskar Bie: Der Tanz (E), Hugo von Hofmannsthal: Das gerettete Venedig (E), Alfred Lichtwark:
Eine Sommerfahrt auf der Jacht Hamburg (E), Christian Morgenstern: Galgenlieder (E), Alfred Lichtwark: Der Deutsche der Zukunft (E), Alfred Lichtwark: Die Erziehung des Farbensinnes, 3. A. (E),
Alfred Lichtwark: Palastfenster und Flügeltür, 3. Auflage (E), Alfred Lichtwark: Makartbouquet und Blumenstrauss, 2. A. (E), Heinrich von Kleist: Das Käthchen von Heilbronn (8 Z), Paul
Kristeller: Kupferstich und Holzschnitt in vier Jahrhunderten (E) 1906: Hugo von Tschudi: Das Portrait (E), Eduard von Keyserling: Schwüle Tage (E), Fedor Dostojewski: Der Idiot
(E) 1907: Vollständiger Katalog des Verlages Bruno Cassirer (E, Z), Ottomar Enking: Die Darnekower (E), Willy Speyer: Oedipus (E), Alfred Lichtwark: Blumenkultus - Wilde Blumen
(E), Alfred Lichtwark: Vom Arbeitsfeld des Dilettantismus (E), Robert Walser: Geschwister Tanner (E) 1908: Robert Walser: Der Gehülfe (E), Jakob Knudsen: Fortschritt (E), Alfred
Lichtwark, Deutsche Königsstädte, 2. A. (E), Alfred Lichtwark: Hamburg, Nidersachen - Städtestudien, 2. A. (E), Miguel de Cervantes Saavedra: Leben und Taten des scharfsinnigen Edlen Don Quixote
de la Mancha, 4 Bände (E, 16 Z), 1909: Robert Walser: Gedichte (16 Z, E), Jakob von Gunten (E), Thomas Mann: Buddenbrooks, 2. Bände, 50. A. (E), Thomas Mann: Königliche Hoheit
(E), James Fenimore Cooper: Der Wildtöter (E), James Fenimore Cooper: Lederstrumpf (E), Hermann Struck: Die Kunst des Radierens (E), Gabriele Reuter: Sanfte Herzen (E), Hans Ostwald: Berlin und
die Berlinerinnen (E), Heinrich von Kleist: Prosaschriften in 3 Bänden (E), James Fenimore Cooper: Der letzte Mohikaner (E), Iwan Gontscharow: Gesammelte Werke (E), Maxim Gorki: Im zerstörten
Messina 1910: Die Nachtwachen des Bonaventura (15 Z, E), John Galsworthy: Der reiche Mann (E), Christian Morgenstern: Palmström (E), Jacob Michael Reinhold Lenz: Prosa (E), Georg
Büchner: Leonce und Lena - Ein Lustspiel (E, 10 Z), Louvet de Couvray: Die Abenteuer des Chevalier Faublas, 2. Bände (16 Z), Hans Bethge: Lieder an eine Kunstreiterin (E, 1 Z), Hugo von
Hofmannsthal: Christinas Heimreise (E) 1911: Hugo von Hofmannsthal: Der Rosenkavalier (E), Arthur Schnitzler: Der junge Medardus 7. A. (E), Licht und Schatten (Z Die
Zigarettenraucherin), Heinrich von Kleist: Jugend, (1 Z Das Grab Kleists am Wannsee), Die Liebesbriefe der Ninon de Lenclos, übersetzt von Lothar Schmidt 4. A. (10 Z, E), Hans Bethge: Die
Courtisane Jamaica (E), John Galsworthy: Weltbrüder (E), Christian Morgenstern: Horatius travestitus - Ein Studentenscherz (E), Oskar Bie: Das Theater. Bühnenbilder und Kostüme von Karl Walser
(E, 37 Z), Dominique-Vivant Denon: Eine einzige Nacht (E, 12 Z), Karl Federn: Der Chevalier von Gramont (E) 1912: Max von Mallinckrodt: Mären und Märchen (E), Maurice
Maeterlinck: Der blaue Vogel (E), Karl Scheffler: Die Nationalgalerie zu Berlin (E) 1913: Robert Walser: Aufsätze (E), Zwei Lebensalter (E), Theophile Gautier: Mademoiselle de
Maupin (E, 10 Z), Katarina Botsky: Sommer und Herbst (E), Ferruccio Busoni: Die Brautwahl - das Album zur Oper (E, 30 Z), Robert Walser u.a.: Das Bunte Buch (Z), 1914: Robert
Walser: Geschichten (31 Z, E), Beroalde de Verville: Der Weg zum Erfolg (E) 1915: Robert Walser: Kleine Dichtungen, 2. A (E), Eduard von Keyserling: Harmonie (Z), Kriegslieder
des XV. Korps 1914-1915 (E), Ottmar Enking: Ein Helfer seines Gottes (E), Georg Kaiser: Europa - Spiel und Tanz in fünf Aufzügen (E), Herbert Eulenberg: Letzte Bilder (E) 1916:
Christian Morgenstern: Palma Kunkel - 3. Band der Galgenlieder (E), Christian Morgenstern: Melancholie (E), Ernst Staas: Skizzen und Bilder von Anton Bergmann (E) 1917: Robert
Walser: Poetenleben (E) 1918: Wilhelm Hauff: Zwerg Nase - 2. Märchenbuch (19 Z), Robert Walser: Kleine Prosa (E), Hugo von Hofmannsthal: Lucidor (6 Z), Ninon de Lenclos: Briefe
6. A. (10 Z) 1919: Künstlerbriefe aus dem 19. Jahrhundert (E), Heinrich von Kleist: Prinz Friedrich von Homburg (55 Z), Christian Morgenstern: Der Galgenlieder vierter Teil (E),
Robert Walser: Komödie (E), Märchen von Hauff aus der Sammlung Märchenbuch (Z), Wilhelm Hauff: Das kalte Herz - 7. Märchenbuch (24 Z) 1920: Wilhelm Hauff: Der kleine Muck und
Kalif Storch - 8. Märchenbuch (25 Z), Thomas Mann: Buddenbrooks - Verfall einer Familie 50. A. (E), Robert Walser: Seeland (15 Z) 1921: Ernst Hardt: Schirin und Gertraude (Z, E),
Max von Boehn: Das Bühnenkostüm im Altertum, Mittelalter und Neuzeit (E) 1922: Hermann Hesse: Knulp (16 Z), Der ewige Frühling (4 Z) 1923: Biedermeier -
Deutschland von 1815-1847, 4. A. (E, 8 Z) 1924: Paul Ernst: Goethes Novellen und Märchen (E) 1925: Robert Walser: Die Rose (E) 1926: Thomas Mann: Meinem Sohn erzählt (2 Z),
Thomas Mann: Unordnung und frühes Leid (E), Das Ehrenbuch für Emil Rudolf Weiss (1 Z) 1928: Ein Spaziergang in Japan (E), Bernhard Kellermann: Sassa yo yassa. Japanische Tänze
(E, 15 Z), Harmonie, 20. A. (E, 18 Z) 1933: Thomas Mann: Joseph und seine Brüder I - Die Geschichte Jaakobs (E) 1934: Thomas Mann: Joseph und seine Brüder II - Der junge Joseph
(E), Herbert Eulenberg: Schattenbilder Bd. 2 (Z) 1936: Thomas Mann: Joseph und seine Brüder III - Joseph in Ägypten (E), Henri Ghéon: Le Miroir de Jésus (4 Z)
1940: Werke öffentlicher Kunst in Zürich (E) 1943: Langus: Daphnis und Chloe (8 Z)
E= Einband, Z=Zeichnungen
Briefe der Ninon de Lenclos
1906 V: Bruno Cassirer*
Leonce und Lena
1910 V: Bruno Cassirer *
Lieder an eine Kunstreiterin
1910, V: Xenen *
Das Theater
1912, V: Bruno Cassirer *
Don Quixote de la Mancha
1908 V: Bruno Cassirer
Zwerg Nase
1918 V: Bruno Cassirer *
Palmström
1910, V: Bruno Cassirer
Prinz Friedrich von Homburg
1919, V: Bruno Cassirer *
Abent. d. Chevalier Faublas
1910 V: Georg Müller *
Der kleine Muck / Kalif Storch
1920 V: Bruno Cassirer *
Das Käthchen von Heilbronn
1912, V: Samuel Fischer *
3 Geschichten a. d. L. Knulps
1922, V: Samuel Fischer *
Nachtwachen d. Bonaventura
1910 V: Bruno Cassirer *
Sanfte Herzen - 3. Auflage
1909 V: Samuel Fischer **
Harmonie
1914, V: Samuel Fischer *
Grab Kleists am Wannsee
1911, Zeitschr. Jugend Nr. 46
Bücher aus dem Bestand der *Schweizerischen Nationalbibliothek Bern, **Stadtbibliothek Solothurn
Bühnendekorationen und Kostümentwurfe in Berlin
Durch seine Mitgliedschaft in der Secession hatte Karl Walser zahlreiche Kontakte geknüpft, unter anderem zu dem bekannten Theaterreformer Max Reinhardt. Das Bühnenbild übte eine grosse
Anziehungskraft auf Walser aus, der in einer Zeit lebte, in der die künstlerische Gestaltung der Bühne erstmals als modernes Problem begriffen wurde.[4] In
Berlin befand sich die Bühnenausstattung seit Jahren auf einem Tiefpunkt. Die Verbindung von Theater und bildender Kunst war bis zum Auftreten Karl Walsers nicht gegeben. Die Journalistin und
Feministin Lydia Benz-Burger (1919-2008): «Walser entwarf nicht nur dekorative Bühnenbilder und Kostüme, er war auch mitarbeitender Regisseur und praktischer Bühnengestalter, der als einer
der ersten freien Maler Europas versuchte, das Bühnenbild von der malerischen Impression her zu reformieren.» [50]
Die Karlsruher Zeitung (28. 11. 1912) erwähnt: «Seine liebevolle Beschäftigung mit der Kultur vergangener Zeiten, namentlich der des Rokoko und des Biedermeier, fand
ihren graziösen, fein anmutenden, manchmal etwas ironischen künstlerischen Ausdruck in den mannigfachen Zeichnungen, mit denen er der Bühnenausstattung des Theaters ganz neue Wege wies. Karl
Walser war der erste, der Bühnenbilder und Kostüme für das Theater als Kunstwerk entwarf. Mit grosser Hingabe arbeitete sich Walser in die Welt des Theaters ein. Seine Skizzen und Entwürfe waren
für ihn nur Vorarbeiten, um sein ganzes Talent als Regisseur und Bühnenbildner entfalten zu können. So wurde er zu einer Autorität auf dem Gebiet der Bühnendekoration.» Bis 1923 schuf er in
Berlin an die 28 Bühnenbilder, mehrheitlich für das Neue Theater, das Deutsche Theater, die Komische Oper und das Lessingtheater.
Karl Walsers Figurinen zu Nestroys «Einen Jux will er sich machen».
Aufmerksamkeit erregte Karl Walser zunächst 1904 mit seinen Bühnenskizzen für Reinhardts «Neues Theater» am Schiffbauerdamm, den Dekorationen und Figurinen zu Johann
Nestroys Posse «Einen Jux will er sich machen». Für Wedekinds «So ist das Leben» entwarf Karl Walser die Kostüme und Bühnenbilder, die mit ihrer neuartigen Farbigkeit in freskoartig gestalteten
Innenräumen ebenso Aufsehen erregten wie die aperspektivische Malerei des Stadtplatzes von Perugia.[13] Im ersten Heft des dritten Jahrgangs von Emil
Heilbuts Zeitschrift «Kunst und Künstler» steht ein Aufsatz von Alfred Gold über Karl Walsers Bühnenskizzen, denen die Gouachezeichnungen beigefügt sind. Sie zeigen Interieurs aus der
Biedermeierzeit und Figuren aus dem erwähnten Nestroy-Stück, alles mit einer Ironisierung aufdringlicher Kunstausübung, die sehr an die scheinbar so harmlosen und doch stellenweise so kaustischen
«Aufsätze» seines Bruders erinnern.[7] 1904 benutze er für J. Rüdigers Stück «Die Morgenröte» erstmals die Drehbühne. Am Dezember desselben Jahres wurde das
Schauspiel «Stillen Stunden» des Dänen Soen Lange aufgeführt, worüber die Ruhrorter Zeitung vom 10. 12. 1904 schrieb: «Das Beste hatte Karl Walser geleistet, der um das Stück den köstlichen
Rahmen der stillen Stuben schlang, die im Milieu dieses Werkes so unbedingt notwendig sind. Herrlich altmodische Stübchen hatte er geschaffen, mit alten Bildern in schwarzen Rahmen,
grossgemusterten Sofas und blitzsauberen Gardinen. Eine Atmosphäre des engen, still gehüteten Glücks. Und auch die arme, winklige Kammer des Vaters hatte etwas rührend Wackliges, Vermorschtes,
wie das Schicksal des Alten selbst. So stieg schon aus den Zimmern die Stimmung des Stückes auf und vermischte sich mit den Menschen zu einer gemeinsamen starken Wirkung.»
1905 wurde das Deutsche Theater umgebaut und erweitert, so dass eine 18 Meter hohe Drehbühne aufgestellt werden konnte auf der Reinhardt durch eine entsprechende Vertiefung des Bühnenraumes acht Szenen gleichzeitig aufbauen konnte. Die künstlerische Leitung des Umbaus übernahm Karl Walser. Er gestaltete den intimen Raum pietätvoll und geschmackvoll zugleich um. Das Vestibül war in Weiss mit diskreten Vergoldungen gehalten. Für die Beleuchtung wählte er geschickt Kristallschalen für das elektrische Licht und stilvolle Bronzelaternen für das Kerzenlicht. Im Zuschauerraum hatte eine schöne Mischung von gelblichem Weiss der Holzteile und dem rötlichen Schimmer der Stoffe das unangenehme Blaugrün vertrieben. Die alten Schauspielermedaillons auf dem Plafond der Ränge wurden durch dunkelgrau gemalte Silhouetten ergänzt. Heitere griechische Figuren erschienen an der Proszeniumsdecke. Besonders schön war die breite, flach gewölbte Kristallkrone in der Mitte des Theaters. Der Hauptvorhang bestand aus dunkelgrünem Gobelin, der in schweren Falten herabfiel. Karl Walser schuf auch eine neue Decke, den Zwischenvorhang und die Wandbespannung.[19] Die Wiedereröffnung fand am 19. Oktober mit Max Reinhardts «Käthchen von Heilbronn» statt, für das Walser besonders schöne Kostüme und Bühnenbilder entwarf. Der Kritiker der Neuen Preussischen Presse schrieb: «Die Aufführung stand im Zeichen der Kulisse. Der Duft der frischen Tanne und der Blattgeruch des aus dem Freien auf die Bühne verpflanzten Strauches drang in den Zuschauerraum. Märchenbilder entstanden. Die intime Wirkung der modernen Landschaftsmalerei wurde für das Bühnenbild gewonnen, und dieses Bild war zugleich ein streng stilisiertes. Das Käthchen von Heilbronn wurde als ein Malermärchen vorgeführt.»[32]
«Am Berliner Theater ging der Vorhang ohne Menschen auf, man zeigte nur
Karl Walsers Dekoration, die vor Beginn der Vorführung beklatscht wurde.»
Richard Hamann, Der Impressionismus in Leben und Kunst, 1907, S. 96
An Max Reinhardts Inszenierung von Shakespeares «Sommernachtstraum», die im gleichen Jahr erfolgte, wirkte Walser ebenfalls mit. An der 100. Vorstellung entwarf
Walser ein Kunstblatt in lithographischer Ausführung, die er dem Abendzettel beilegte.
1905 gründete Hans Gregor (1866-1945) die «Neue Komische Oper» in der Friedrichstrasse in Berlin (1952 wurde das Haus abgebrochen) und führte am 17. November 1905 sein erfolgreichstes Stück
«Hoffmanns Erzählungen» von Jacques Offenbach auf. Bildhauer Hermann Hubacher in der NZZ (22. 10. 1943): «Die Generalintendanz der Oper hatte Karl Walser beauftragt, Entwürfe für eine
Neuinszenierung von Hoffmanns Erzählungen zu machen. Bald gab es mit dem Theater Schwierigkeiten. Vor allem war der Direktion das Bild der venezianischen Szene, das der Maler ganz auf ein dunkles
Weinrot gestimmt hatte, zu farblos. Walser setzte aber seinen Willen durch und die Dekorationen wurden nach seinen Vorgaben ausgeführt. Zufällig hörte er am Premierenabend, wie dem
Beleuchtungsinspektor aufgetragen wurde, für die betreffende Szene neben den von Walser angeordneten roten, auch grüne und blaue Lampen einzuschalten. Walser stand darum hinter der Bühne in
Bereitschaft. Er sah, wie ein Beleuchtungsmann zu den Schaltern kletterte. Bevor der Vorhang sich hob, trat Walser dicht an die Leiter heran mit der Drohung, diese dem Mann unter den Füssen
wegzureissen, im Moment, wo er eine andere, als die von ihm bestimmten Lampen andrehen würde. Man kannte Walsers Energie, und trotz den aufgeregten Rufen des Intendanten wagte der Mann auf der
Leiter nicht, weitere Lichter anzuzünden. Der Vorhang ging auf und ein rauschender Beifall übertönte die ersten Takte des Orchesters. Der Applaus hörte nicht auf, man rief nach Walser, bis ihn
der Intendant auf die Bühne drängte, wo er sich in gelben Schuhen und farbiger Krawatte vor dem festlichen Publikum bedankte. Am folgenden Tag erhielt er von verschiedenen anonymen Spendern
Lackschuhe und schwarze Krawatten zugesandt, einen Vorrat für manches Jahr, wie er lachend sagte. Das Lob über Walsers künstlerische Leistung war allgemein, die Kritik begeistert und die
gefürchtetste Feder Berlins, Alfred Kerr, begann seine Besprechung unter dem Titel ‹Hoffmanns Erzählungen, ein Walsertraum›.»[42] Die Dekorationen zu
«Hoffmanns Erzählungen», die von der gesamten Presse als geradezu traumhaft schön geschildert wurden, weckte auch das Interesse an seiner Person. Woher kam Karl Walser? Für die Norddeutsche
allgemeine Zeitung (10. 10. 1906, S. 9) war er ein Berliner. Die «Beilage zur Allgemeinen Zeitung» (22. 3. 1907, S. 547) nannte ihn einen Schweden.
Für eine Wohltätigkeitsveranstaltung des «Sommernachtstraumes» zeichnete er 1905 das Programm. 1906 folgte die Ausstattung der Oper «Don Pasquale». Kaum schuf Karl Walser ein neues Bühnenbild, wurde es in den Zeitungen gelobt, während die schauspielerische Leistung des Ensembles die Kritiker nicht immer überzeugen konnte.
Die «Komische Oper» schickte 1906 Ausstattungskünstler Karl Walser eigens nach Spanien, um für die Neuinszenierung von «Carmen» Kostüme etc. zu studieren. Nach der
Premiere von «Carmen» wurden Ende September 1906 seine entworfenen Dekorationen, Skizzen und Figurinen im Salon Fritz Gurlitt ausgestellt. Dabei wurden auch seine Entwürfe für «Cäsar und
Kleopatra», «Hoffmanns Erzählungen» und „Der Ruf des Lebens» gezeigt. Als «Triumph für den Dekorationsmaler Karl Walser» (NZZ, 26. 2. 1907) erwies sich die Oper «Romeo und Julia auf dem Dorfe».
Das Schlussbild dieser Oper, ein Grabgewölbe zählte zu seinem allerschönsten Bühnenbild. Walser hatte die Bühne geteilt, unten blickte man in das Gewölbe, und oben war der nächtliche Friedhof mit
dem Mondlicht und schief stehenden Kreuzen und einigen wunderbar mächtigen Trauerweiden, deren Rhythmus die ganze schicksalsschwere Stimmung dieses letzten Bühnenaktes widerzuspiegeln
schien.[9] 1907 erschien in der Zeitschrift «Kunst und Künstler» Nr. 6 ein Artikel zur Reform des Bühnenbildes. Darin wurden illustrierte Beispiele Karl
Walsers gezeigt. In der gleichen Ausgabe erzählte sein Bruder Robert romantisch und phantasievoll über «Das Theater, ein Traum.»
Karl Walser stellte 1907 in München im Kunstsalon Zimmermann eine Auswahl seiner Bühnenbild- und Kostümskizzen aus. Der Schablonenhaftigkeit der Dekorationen und Kostüme auf den meisten Deutschen
Bühnen suchte Walser durch kraftvollen Realismus, akribische historischer Treue und äusserste Individualisierung entgegenzuwirken. Seine Dekorationen zu «Figaros Hochzeit», «Carmen», «Bohème»,
«Hoffmanns Erzählungen», «Romeo und Julia» usw. waren von einer Farbfrische, einem Stimmungsreiz und vor allem von einer Illusionskraft, wie man sie früher kaum für möglich gehalten hätte.
Gleiches galt für die charakteristischen Persönlichkeiten der Figuren. Auch die farbliche Abstimmung der Kostüme verriet einen ungewöhnlichen Geschmack, der sich besonders bei einigen Figuren zu
«Figaros Hochzeit» (Page, Gräfin, Susanne, Barbarina, Tänzerinnen) bewährte, die bezeichnenderweise nicht im konventionellen Rokoko-Stil, sondern im Stil um 1784 (dem Jahr der Erstaufführung von
Beaumarchais' Lustspiel) gestaltet waren.[8] 1908 zeigte er etwa 80 Theater-Zeichnungen, szenische Entwürfe und Figurinen in Emil
Richters Kunstsalon in Dresden.
Studienreisen fürs Theater und die Oper
Von der Bühnengestaltung führte der Weg zwangsläufig zur Problematik der Kostümgestaltung und auf diesem Gebiet war Karl Walser so schöpferisch tätig, dass er sich
sein Wissen und Können auf Studienreisen erweiterte. Sie führten ihn in Italien nach Florenz, Rom, Siena und Venedig (1905), nach Spanien (1906), Neapel, Holland (Nordwijk und Delft), Belgien
(1907) und Paris (1908).[4]
Gründung von Pan
1910 wurde die Theatergesellschaft Pan gegründet. Unterzeichner waren Paul Cassirer, Wilhelm Herzog, Heinrich Mann, Thomas Mann, Julius Meier-Gräfe, Rudolph
Alexander Schröder, Frank Wedekind, Karl Walser und Robert Walser. Der «Pan» hatte das Ziel, bisher wenig oder gar nicht gespielte Werke deutscher und ausländischer Dichter auf die Bühne zu
bringen. Die Aufführungen standen vor allem im Dienst der poetischen Idee. Wertvolle Werke, die von der Zensur verboten waren, wurden einem Kreis von Intellektuellen vorgestellt. Bekannte
Berliner Bühnenkünstler wie Rosa Bertens, Tilla Durieux, Lucie Höflich, Abel, Moissi, Wegener u. a. unterstützten die Gesellschaft. Direktor Barnowsky stellt sein Kleines Theater zur
Verfügung.
Ein lebendiges Bühnenbild
Zugunsten des Berliner Säuglingsheims fand am 9. Dezember 1911 im grossen Saal der Ausstellungshallen des Berliner Zoos das wohltätige Rosenfest statt. Auch Karl Walser stellte sich in den Dienst
der guten Sache. Er inszenierte zur Eröffnung lebende Bilder im Zeichen der Rose, dargestellt von Damen der Gesellschaft und entwarf die Kostüme. Sieben Bilder wechselten sich dann auf der Bühne
ab, in sehr reizvollen Darstellungen und mit einer den Bildern angepassten musikalischen Begleitung, darunter «Dornröschen» und «Der Rosenkavalier», zu dem ein Terzett aus der Oper von Strauss
gesungen wurde. In einem Scherzo, dem «Biedermeier-Bukett», vereinten sich schliesslich Rosen aller Art zu einem höchst anmutigen Kranz.[38]
Das Theater-Buch
1912 lagen die Bühnenbilder und Kostüme Karl Walsers im Buch «Das Theater» (V Bruno Cassirer) erstmals gesammelt vor. Walser hatte alle Blätter lithographisch
gezeichnet. Dann wurden sie von Hand koloriert. Es wurde auf echtem van Geldner-Bütten hergestellt, gebunden und in einem Japankarton präsentiert. 50 Exemplare erschienen auf Japanpapier. Der
jüdische Autor und Kunsthistoriker Oskar Bie (1864-1938), für den Walser bereits den Einband von «Der Tanz» gestaltete, schrieb die Texte. Hermann Hesse: «Ich kenne das Berliner Theater
nicht und habe daher keines der von Walser ausgestatteten Stücke gesehen. Ich wohne zu weit davon und bekam nie etwas von dem Glanz zu sehen ausser jeder Reinhardtschen Aufführung des Ödipus in
München. Vielleicht bin ich darum ein doppelt unbefangener Geniesser des Buches. Da sind 36 Zeichnungen für die Opernbühne, ein höchst sorgfältig hergestellter Band von Reproduktionen und
kolorierten Handzeichnungen Walsers. Acht von den Blättern sind Dekorationsentwürfe, in Autotypie wiedergegen und zum Teil nur von Theaterinteresse. Die andere zeigen Figuren und Gruppen zum
Figaro, Hoffmanns Erzählungen, Carmen und zur Bohème. Weich und flüssig gezeichnet, in allem Wesentlichen sorgfältig studiert und ausgeführt, in den Bewegungen fast nie theatralisch, aber stets
voll Anmut und Humor, farbig ungeheuer frisch.» [58]
«Für mich ist dies Walsersche Theater von seinen Beziehungen und
Fundamenten ganz losgelöst, ich sehe und geniesse darin einfach ein
entzückendes Stück zart kultivierter Kunst, ein köstliches Spiel farbiger Schatten.»
Hermann Hesse, Bühnenbilder und Kostüme von Karl Walser in Das Theater, 5. 11. 1913
Gestaltung der Schauspielschule Berlin
Die am 1. Oktober 1913 wiedereröffnete Schauspielschule des Lessingtheaters am Friedrich-Karl-Ufer 1, erhielt unter der Leitung vom Karl Walser einen Innenraum in
bequemere Anordnung, neue Farben und neuen Schmuck. [53] In diesem Theater trat von 1911 bis 1914 die österreichische Schauspielerin Tilla Durieux (1880-1971) auf, die Karl und Robert Walser an
einem Weihnachtsfest gemeinsam mit Paul Cassirer in ihre Wohnung einlud. Das Theater wurde 1945 bei einem alliierten Luftangriff zerstört.
Inszenierungen für Theater und Oper (Auswahl)
1903: Frank Wendekind: So ist das Leben (R: Richard Vallentin) 1904: Einen Jux will er sich machen (Max Reinhardt), Heinrich Ibsen:
Die Kronprätendenten (Hans Oberländer), Josef Rüderer: Morgenröte (Max Reinhardt), Sven Lange: Stille Stuben (Max Martersteig) 1905: William Shakespeare: Ein Sommernachtstraum
(Max Reinhardt), Heinrich von Kleist: Das Käthchen von Heilbronn (Max Reinhardt), Jacques Offenbach: Hoffmans Erzählungen (Maximilian Moris), Jules Massenet: Der Gaukler unserer Lieben Frau (Hans
Gregor), Ruggiero Leoncavallo: La Boheme (Hans Gregor) 1906: Domenico M. Donizetti: Don Pasquale (Hans Gregor), Arthur Schnitzler: Der Ruf des Lebens (Emil Lessing), Wolfgang
Amadeus Mozart: Die Hochzeit des Figaro (Maximilian Moris), Bernhard Shaw: Cäsar und Cleopatra (Hans Olden), Georges Bizet: Carmen (Egisto Tango), Emil Jacques Dalcroze: Onkel Dazumal (Franz
Rumpel), Frank Wedekind: Frühlingserwachen (Max Reinhardt) 1907: Giacomo Puccini: Tosca (Hans Gregor), William Shakespeare: Romeo und Julia (Max Reinhardt), Frederick Delius nach
Gottfried Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe (Hans Gregor) 1909: Gerhart Hauptmann: Griselda (Emil Lessing), Ferdinand Raimund: Alpenkönig und Menschenfeind (Rudolf Bernauer)
1913: Georg Büchner: Leonce und Lena (Victor Barnowsky), 1914: Arthur Schnitzer: Der Junge Medardus (Victor Barnowsky), 1922: Edmond Rostand:
Cyrano de Bergerac (Iwan Schmith) 1923: William Shakespeare: Wie es euch gefällt (Victor Barnowsky) [32]
Aufenthalt in Japan
Das NMB berichtet: «Japan und Asien im Allgemein waren während dieser Zeit des «Fin de Siècle» in Mode. Reich illustrierte Zeitschriften brachten den deutschen Lesern die japanische Kultur näher. Der Maler Emil Orlik hielt sich zwischen 1900 und 1901 in Japan auf. Paul Cassirer zeigte in seiner Galerie eine Auswahl japanischer Holzschnitte der Sammlung Bing aus Paris. 1908 nahm sich Karl Walsers Freundin Molly Auguste Reitzenstein in der Gegenwart des Künstlers das Leben, als sie erfuhr, dass dieser eine andere Frau liebte. Walser verfiel daraufhin in Depressionen. Um ihm dabei zu helfen, sich wieder zu fassen und um einen möglichen Skandal zu vermeiden, schickte ihn der Verleger und Galerist Paul Cassirer zusammen mit dem Schriftsteller Bernhard Kellermann (1879-1951) für einige Monate nach Japan.»[75] Via Moskau ging es mit der Transsibirischen Eisenbahn ins Land der aufgehenden Sonne.[32] Die beiden waren zusammen, manchmal aber auch getrennt unterwegs.
Karl Walser hielt sich u.a. in Kyôto, Tsuruga, Yokohama und in Miyazu auf. Er war besonders vom Theaterleben begeistert und malte japanische Schauspieler und
Theaterinterieurs mit den Akteuren auf der Bühne und den Zuschauern davor. Dr. phil. Judith Knippschild: «In Kyôto besichtigten sie das gion-matsuri. Dieses religiöse Fest dauerte mehrere Tage
und wird bis heute mit farbenprächtigen Prozessionen gefeiert. Aquarelle, Ölgemälde und Zeichnungen schildern Walsers Faszination für die traditionellen Umzüge. Im Spätsommer teilte Walser seiner
Schwester in einem Brief mit, dass er am 4. August 1908 über Genua ausreisen werde. Insgesamt verbrachte er vier Monate in Japan. Laut Paul Cassirer entstanden zehn Ölgemälde und etwa 75
Aquarelle. Hinzu kommen mehrere Zeichnungen, enthalten in Walsers Skizzenbuch, das sich in der Schweizerischen Nationalbibliothek befindet. Das Kunstmuseum Bern besitzt das grösste Konvolut
Walsers Japanwerks.»[56] Nach ihrer Rückkehr beschrieb Kellermann ihre Begegnungen in den zwei Büchern «Spaziergang in Japan» (ohne Illustrationen) und
«Sassa yo Yassa - Japanische Tänze», die mit Bildern von Karl Walser illustriert sind. Das erste war kurz nach seinem Erscheinen 1910 bereits ausverkauf, bei einer Gesamtauflage von 28‘000
Exemplaren. Ein Rekord für den Verlag Paul Cassirer. «Sassa yo Yassa» wurde bis 1922 viermal neu aufgelegt.[63] 1909 stellte Walser seine japanischen Motive
in der Galerie von Paul Cassirer und im Künstlerhaus in Zürich aus.
Der Kunstschriftsteller und Journalist Fritz Stahl (1864-1928) urteilte über Walsers japanische Werke: «Karl Walsers Bilder und Studien aus Japan sind originelle und geistreiche illustrative
Arbeiten, denen ich nichts Vergleichbares an die Seite zu stellen wüsste. Künstler, die nach Japan gingen, haben in ihren Schilderungen des Landes entweder japanisiert, oder sie sind bei ihrer
europäischen Art geblieben. Walser machte es anders. Er sieht als Europäer, aber er hat etwas von dieser einfachen und bei aller Einfachheit so erstaunlich ausdrucksstarken Technik der
astasiatischen Malerei angenommen, die seinen Bildern sehr viel Lokalkolorit verleiht. So wird uns das phantastische und fremde Leben sehr nahe gebracht. Besonders gilt das für die Ölbilder, auf
denen grosse Tempelfeste, nächtliches Feuerwerk, mit bunten Laternen geschmückten Boote, die Nachtlokale und Theaterszenen dargestellt sind. Alles mit Blick auf die Gesamtwirkung und doch mit
sehr lebendigen Details. Wie witzig sind zum Beispiel die Menschenmassen silhouettiert! Wie bestimmt fühlt man die besonderen Farbtöne der Papierlampions! Mit wie leichter Hand sind die
Schriftzeichen darauf gezeichnet! Leichter scheint diese Wirkung in den getuschten Blättern erreichbar gewesen zu sein. Hier ragen ein paar Landschaften besonders hervor. Aber auch die
Kostümbilder zeigen grosse Feinheiten: sie gleichen nicht den japanischen Holzschnitten und geben doch das Eigentümliche der Bewegungen, die wir von ihnen kennen».[21]
Heirat
1910 heiratete Karl Walser die aus Ostpreussen stammende Hedwig Agnes Czarnetzki (1885-1987), genannt Trudchen, die ihn Kari nannte. Sie verbrachten ihre
Flitterwochen in der Schweiz. Das Paar blieb kinderlos.[11]
Grafiklehrer am Königlichen Kunstgewerbemuseum Berlin
Von 1911 bis 1912 vertrat er in Berlin Professor Emil Orlik (1870-1932) während eines einjährigen Urlaubs und unterrichtete Grafik an der Schule des Kunstgewerbemuseums. Die Schule beabsichtigte
später für Walser eine eigene Klasse einzurichten. Orlik und Walser hatten vieles gemeinsam: Beide waren Maler und Grafiker, Mitglieder der Secession und des Deutschen Künstlerbundes, hielten
sich in Berlin-Charlottenburg auf, zeichneten in Japan, entwarfen Bühnenbilder und Kostüme für Max Reinhardt, dekorierten 1905 gemeinsam dessen Berliner Deutsches Theater, hielten im gleichen
Theater Vorträge für die Schauspielschule und gehörten 1906 dem Komitee für die Berliner Miniaturenausstellung an.
Stoffe und Tapeten
Die oberhessische Leinenindustrie Marx & Kleinberger war führend auf dem Gebiet des Stoffdrucks. Für die künstlerische Vervollkommnung griff die Firma auf Entwürfe von Künstlern wie Emil
Orlik und Karl Walser zurück. [61]
Über den Tapetenkünstler Karl Walser erfahren wir in dem Buch «Porträts von Tilla Durieux» von Hannah Ripperger: «Nach der Hochzeit des Theaterstars Tilla Durieux mit Paul Cassirer im Jahre 1910
bezog das Paar eine Wohnung in der Margarethenstrasse nahe dem Kunstsalon Cassirer. Das grosse Eckzimmer mit den runden Fensterwand hatte Walser mit einer tiefblauen Tapete versehen, auf die er
oben Girlanden und Blumen malte, die Musikinstrumente hielten, da es als Musikzimmer dienen sollte.»[67]
Die Tapeten-Manufaktur Adolph Burchardt Söhne (Berlin) machte es sich zur Aufgabe, historische Tapeten aus Schlössern und vornehmen Bürgerhäusern in die Wohnstuben zu bringen. Es entstanden
Variationen der Originale, denen die Künstler ihren persönlichen Stempel aufdrückten. 1918 zeigte die Zeitschrift «Deutsche Kunst und Dekoration» Tapetenentwürfe Walsers, basierend nach
Wandbildern im Frankfurter Goethehaus: «Dem Spürsinn des Unternehmers gelang es, Vorbilder zu finden, deren Wiedergabe in reich variierten Farbkombinationen auch dem heutigen Geschmack
entspricht. Die phantasievollen und anmutigen Erfindungen aus dem Frankfurter Goethehaus haben bis heute ihre Liebhaber gefunden. Führende Künstler wie Karl Walser und Emil Orlik wurden
herangezogen, um neue Muster zu entwerfen.» [62] Betrachtet man heute die Wände der Küche des Hauses, so entdeckt man einen dieser Entwürfe als Wandbemalung wieder. Das farbige
Originalmuster befindet sich im Deutschen Tapetenmuseum in Kassel. Die Tapeten im Goethehaus wurden um 1895 von der Firma Hembus hergestellt, die 1950 die Tapetenrekonstruktionen
durchführte. Die Muster sind noch heute in Sortiment von Hembus.
Links: Wandmalerei in der Küche vom Goethehaus Frankfurt (F: Hajotthu, Wikipedia). Mitte: Originalmuster vom Tapetenmuseum Kassel (F: Tapetenmuseum Kassel). Rechts: Tapetenentwurf von Karl Walser (Deutsche Kunst und Dekoration, 10. 1917- 3. 1918, S. 365).
Karl Walser als Innendekorateur
Auf dem Gebiet der Innendekoration versuchte er sich 1908 zusammen mit Frieda Jacoby auf einer Ausstellung in Berlin in der Kunst des Tischdeckens. Die für den Kaffeeklatsch vorbereitete
Dekoration bestand aus einer gestrickten Tischdecke, alten Tassen, grünen Leuchtern, weissen Papiermanschetten, Zuckergusstorten und einem Kugelbouquet. The Daily record and the Dresden daily
(the first daily paper in English published in Germany) erwähnte: «The Exhibition ‹Der gedeckte Tisch› was opened at the Hohenzollern Kunstgewerbehaus Friedmann und Weber, Leipzigerstrasse 13, at
4 o’clock on Friday afternoon. Many ladies in the first rank of society were present. In the forenoon the exhibition had been visited by Her Majesty the Empress, accompanied by Princess Victoria
Alexandra of Schleswig-Holstein. Her Majesty expressed herself much pleased with all the 24 tables. The table of Fraulein Frieda Jacoby and the painter Karl Walser, a coffee table after the
Biedermeier period, was specially commended.» [52]
1911 wurden im Hohenzollern-Kunstgewerbehaus Friedmann und Weber in Berlin ein Damensalon mit Kamin und ein Mädchenzimmer nach seinen Entwürfen eingerichtet. Der Schriftsteller und Kritiker Ernst Schur (1876-1912) schrieb in der Zeitschrift «Der Baumeister» (Januar, 1912): «Im Kunstgewerbehaus hat Karl Walser, aus dessen Fingerspitzen mehr Künstlertum quillt als aus tausend programmechten Kunstgewerblern, zwei Zimmer ausgestellt. Der Damensalon ist ein Unikum in seiner Art. Man ist verblüfft, man lacht. Über dem Bücherschrank, über dem Bett, über dem Schreibtisch veritable, naturalistisch-plastische Holzschnitzereien, ein Strohhut, Girlanden, Putten. Diese Sachen sind dann noch bunt bemalt. Blauer Stoff bekleidet Sofa und Fauteuils. Kein Plätzchen, das nicht irgendwie originell geschmückt ist. Wer sich einen Walser-Salon kauft, muss schon einen aparteren Geschmack haben. Walser ist eben ein Einzelfall. Der ungezogene Liebling der Grazien, schert sich nicht um das, was das moderne Kunstgewerbe predigt.»[42]
Wandmalereien
Karl Walser malte ab 1905 in Berlin für wohlhabende Private umfangreiche Dekorationen in grossen Häusern.[14] Die für den Verleger Samuel Fischer 1905 erbaute Grunewald-Villa ist ein typisches Beispiel für die gegenseitige künstlerische Unterstützung der Brüder Walser. Karl malte dort den romantischen Zyklus «Dichterfries in Schattenbildern», bestehend aus 9 silhouettenhaften Wandzeichnungen, schwarz auf grün, umgeben vom Charme der Biedermeierzeit. Leider blieben die Fresken infolge eines späteren Umbaus nicht erhalten.[35] Robert Walser beschrieb den Zyklus 1906 in der Zeitschrift «Kunst und Künstler» mit dem Titel «Aus dem Leben eines Dichters», es war sein erstes Prosastück, das er in Berlin veröffentlichte:
Robert Walser: «Der Maler träumt aus dem Leben eines Dichters die schönen Momente und macht daraus neue Bilder, die ein Leben ergeben. Dazwischen ist vieles, das man erzählen müsste, Briefe und Gespräche, Bekanntschaften und Stunden der Leere und Langeweile. Es ist wohl auch schon öfters erzählt worden, in langen Büchern, die man nur einmal liest, oder gar ungelesen beiseite legt. Der Maler gibt Schattenbilder, und sie wirken sehr lebendig in ihrer ruhigen Reihenfolge. Zuerst kommt die früheste Jugend, dann das Knabenalter, dann das Jünglingsalter, dann der junge Mann und aus dem jungen Mann wird kein gereifter alter Mann, denn der Maler lässt den Dichter früh sterben. Das ist hier ganz in der Ordnung. Es könnte auch ein Malerleben, oder das Leben irgendeines für zarte Schönheit schwärmenden Menschen sein, es würde ungefähr auch stimmen, wenn man die Feder und das Manuskript wegtuschen würde. Das Kostüm ist das von 1830. In einer kleinen Stadt mit reizender Umgebung wächst ein zarter Knabe auf, den jedermann, wenn er an der Hand seines Vaters oder Erziehers spaziert, liebkosen möchte. Er ist vermögender, gebildeter Eltern Kind, er bekommt eine sorgfältige, vielleicht nur zu sorgfältige Erziehung und hübsche Kleider und Spielsachen. Mit seinen schönen, blonden Locken spielen die Hände der Erwachsenen, Tanten verhätscheln den Knaben.
Hinter dem Landhaus, in dem die Eltern wohnen, breitet sich ein alter Garten aus, und in diesem befindet sich ein kleiner Teich, in dem Schwäne herumschwimmen.
Natürlich geht der Knabe oft zu diesem Wasser und sinnt kindlich darüber, wie tief es wohl sein möchte. Das Wasser macht ihm mit seiner grünlich-schwärzlichen Farbe den Eindruck des
Unergründlichen. Der Knabe lockt die Schwäne zu sich heran, und sie kommen, und er gibt ihnen, was er denkt, das sie gern essen mögen. Er sieht noch nichts, dieser Knabe, er hat nur für das
Gegenständliche ein Auge. Die rätselhafte Tiefe des Wassers macht ihn erschauern, aber nicht die Schönheit des Schwanes, denn er bemerkt nur den Schwan, nicht dessen Schönheit. Auch die
Landschaft ist ihm noch fremd, ihm, der fröhlich mitten darin steht.
Er geht zur Schule und macht Freundschaften mit gleichaltrigen Kameraden. Er ist schlanker und mutiger geworden, geht nicht mehr zu seinen Schwänen, liest Bücher und kritisiert das Benehmen seiner Lehrer. Er lernt Sprachen und erfindet Spiele, wenn ihm die alten zu kindisch vorkommen, treibt sich in den Gassen der Stadt herum und lernt heimlich das Treiben in dunklen Kneipen kennen, die sich an Orten befinden, recht, um die aufblühende Phantasie eines Knaben zu reizen. Er misst seine Körperkräfte an denen der Mitschüler und er lernt Hass und Sympathie scharf unterscheiden. Er ist mehr talentvoll als fleissig und überlässt seinem guten Gedächtnisse, den Erfolg in der Schule zu machen. Er zieht es vor, liederlich und schön zu sein und verachtet schon jetzt, trotz elterlicher Ermahnung, den hausbackenen, ängstlichen Fleiss. Er ist ein Geniesser von Freundschaften, und kennt den Reiz von Spaziergängen in Feld und Wald, das Besteigen der schönen Berge im Sommer, Herbst oder Winter; den Sommer nimmt er hin, er achtet diese Jahreszeit weiter nicht, aber am Herbst, wo die Nebel in den Wiesen streichen und die Rebberge bunt leuchten, findet er etwas geheimnisvoll Schönes, das er versucht, sich zu erklären. Er und seine Kameraden, die Mutigen, finden es schön, an Herbsttagen auf Bergen grosse Feuer anzuzünden. Man stellt sich da in der Ferne auf und betrachtet die roten, düsteren Flammen, wie sie aus dem Nebel hervorbrechen. Den Winter, wenn recht viel Schnee fällt und Flüsse zugefrieren, findet er entzückend. Den Frühling versteht er nicht, aber nur deshalb, weil andere Spiele anfangen, oder weil man vielfach an Orte hinkam, die vor Nässe und Kälte nicht geniessbar waren. Er ist sich hierüber wenig klar.
Er wird ein Jüngling und reist in die Welt hinaus. Eltern und Verwandte haben ihn mit übermässig viel Gepäck versehen, dieses wird oben auf die Reisekutsche hinaufplaziert. Er nimmt Abschied und steigt in den Wagen, und nachher nimmt er noch einmal Abschied von Allen, indem er mit seinem Taschentuch nachwinkt. Was wird aus ihm werden, denken die Eltern. Die Welt, wenn man sie aus dem breiten Fenster einer Reisekutsche betrachtet, ist herrlich. Flatternde Wolken fliegen dem Wagen munter nach und der Kutscher ist ein gemütlicher Mann, der während des Fahrens seine Pfeife raucht. Die Räder knarren auf der Landstrasse, die Stadt versinkt vor den zurückschauenden Bücken, der Morgen ist prächtig, alles blitzt und glitzert und es leuchtet alles so warm. Hoch in der Luft fliegen Vögel, Häuser und Bäume verschwinden, es kommt immer Neues, Menschen, Wagen, Bäume, Wälder, Schlösserund murmelnde Bäche, alles wechselt so schnell, was könnte einem da schlimmes begegnen! Ein eckiger, böser Wegweiser brummt am Weg: Fahrt zu, immer zu, ihr werdet schon an einer Ecke anrennen! Auch wir lassen den Wagen fahren. Der Jüngling studiert anfangs mit grossem Eifer an der hohen Schule, aber er kommt nur zu rasch fort. Sein Geist überflügelt den Geist der Professoren. Er findet die Wissenschaften, wie sie gelehrt werden, töricht, und das lahme Bemühen, die Welt damit erklären zu wollen, lächerlich. Er findet das Leben wundervoll und schliesst sich Menschen an, die nichts weiter als Menschen sind. Er lässt sich von den Wellen des Tages treiben und macht die Nächte zu hellerleuchteten Tagen.
Er liebt die Musik und wird zu einem fahrenden Studenten. Man betrachtet ihn als verloren und gibt es auf, ihn zur Vernunft zu bewegen. Er liebt es, in langen,
ermüdenden Märschen das Land zu Fuss zu durchwandern, die Natur berauscht ihn, und er übernachtet in wilden einsamen Schenken, oder unter Bäumen, durch deren Äste die Sterne zittern. Gibt es
längst auf, wieder gut bürgerlich und klug zu erscheinen, da doch das für ihn nur eine traurige Maske bedeutete. Mitten in seinem wüsten Wandertreiben verlangt es ihn sehnsuchtsvoll nach Hause,
nach einem Heim und er irrt, seine Gitarre am Rücken, nur noch gezwungen umher. Er ist des Übermutes und Trotzes müde geworden. Mit einem Male erwacht ihm die Seele und er wird zu einem Träumer,
zu einem müden, weichherzigen Müssiggänger, dem niemand Kraft zumutet. Er geht wieder unter gesittete Menschen, aber sie beleidigen ihn mit Worten und Mienen, indem sie ihm vorwerfen, was sein
eigenes Herz ihm längst und tausendmal gesagt hat. Die Kinder lieben ihn, der so sanft und milde spricht und so Schönes zu erzählen weiss, aber die Erwachsenen verhalten sich kalt und
ablehnend.
Da begegnet er eines Tages, es ist heller, blendender Mittag, einer jungen Dame, die eben eine breite, zierlich gehauene Treppe emporsteigt und bleibt, wie von einem Zauber umfangen, still stehen. Er grüsst mechanisch, sein ganzes Wesen zittert und er öffnet den Mund zum Sprechen, aber die Sprache stockt auf seinen Lippen. Ein unendliches Weh befällt ihn, gemischt mit den Gefühlen der ersten Kindheit. Die Luft, die Welt scheint ihm eine sorglose, lächelnde Umarmung. Er tritt vor, aber sieht nur noch, wie die Dame, die ihn keines Blickes gewürdigt hat, hinter den Büschen verschwindet. Er steht lange noch da, und glaubt, sie wieder sehen zu sollen. Dann geht er mit einer namenlosen Müdigkeit im Herzen heim, immer die süsse, strenge Erscheinung vor Augen tragend.
Während der folgenden Wochen lebte er nur, um sie zu suchen, aber er sieht sie nie mehr. Er schreibt Briefe, in denen er alle Liebe ausschüttet, aber sie bleiben unbeantwortet. Er sitzt, den Kopf in die Ellbogen gestützt, elend und schwach, wie er sich fühlt, auf einer Ruhebank in der Nähe des Ortes, wo er sie das erste Mal getroffen, und weint in die Hände hinein. Alle seine übrigen Hoffnungen schwinden mit dieser einzigen, die alle zusammen ausmacht.
Wenn er sich ein wenig besser fühlt, schreibt er, vor sich her sinnend, kleine Gedichte und er fühlt langsam eine neue Not: die des schaffenden Künstlers. Das neue Leiden löst leise das alte auf: er dichtet jetzt. Er lernt jetzt, das ganze Leben als eine kostbare Erinnerung zu empfinden; Leiden und Freuden machen ihm, wie hellauflodernde Feuer, gleichmässig zu schaffen. Er vergisst sich, um jedes Zuges, jeder Stimme aus der Vergangenheit lebhaft zu gedenken, Bald entdeckt er, wo für ihn das höchste Glück brennt, und er schliesst sich, da er inzwischen arm geworden ist, in einer ärmlichen Dachkammer ein, um allein der Kunst nah zu leben. Bisweilen, wenn er an die Wirklichkeit denkt, lächelt er schmerzlich. Seine Eltern schreiben ihm auf seine Bitten, ihm Geld zu senden, nicht mehr. Um ihn herum wird es elender und trostloser, aber er bemerkt es kaum. Sein ärmliches Heim ist reich wie kein fürstliches Zimmer: es umschliesst seine herrlichen Träume, mit denen er abends sich niederlegt und Morgens erwacht. Nur wenn ihn der nackte, schamlose Hunger hinaustreibt, geht er unter die Menschen, deren tun in seiner Abgetrenntheit ihm unbegreiflich vorkommt. Er empfindet keine Demütigung, oder nur in Momenten, wo er nicht schafft. Seine Manuskripte werden von den Verlegern zurückgeschickt. Er gewöhnt sich bald daran, das begreiflich zu finden. Sein Bett, sein Tisch, seine Lampe werden ihm lieb. Er hat das unabwendbare Gefühl des baldigen Todes und verarbeitet seine Kräfte rücksichtslos. Seine Kleider, die guten, vertauscht er gegen abgeschabte und abgetragene, um etwas Geld heraus zu bekommen. Er arbeitet in einem langen, gelben Rock, den ein Reitknecht kann getragen haben. An der schimmeligen, feuchten Wand hängt sein Hut und sein anderer Rock. Auf dem Ofen stehen Waschkanne und Waschbecken. Der Boden ist voll Manuskripte. Ein fertiges Drama guckt dem Schreibenden und Dichtenden zur Seitentasche heraus: es ist wohl eben abgelehnt worden. Das Bett, ein langes, dünnes Ding, steht in einer Ecke, und zu dem Fenster hinaus sieht man die Dächer der Stadt emporragen. Der Dichter schreibt entweder, oder er liegt ausgestreckt auf dem Bett und erwartet das Ende.
Nach seinem Tode findet man seine Werke schön und wert, sie im Druck zu verbreiten. Frauen lesen sie mit Entzücken und manches junge Mädchen weint über dieses Dichters Leben. Er indessen weilt jetzt in jenen Gegenden, wo nur Geister hingelangen, die unsterbliche Werke geschaffen haben. Die Dachkammer, wo er zuletzt gehaust hat, wird ängstlich wie ein Heiligtum behütet und es wird dafür gesorgt, dass alles so liegen und hängen bleibt, wie man es fand, als man das Zimmer des Toten betrat. Der reitledergelbe Überzieher hängt dort neben anderen Sachen an einem Nagel und man hofft immer noch, dass sich irgend wie versteckte Manuskripte darin vorfinden werden. Vielleicht, wenn man ihn über die Stange hängt und tüchtig klopft, fallen einige heraus, wer weiss!» [25]
1905 malte Karl Walser im gleichen Stil das Frühstückszimmer von Julius Cassirer in Berlin-Charlottenburg. 1910 verzierte er die Wand des kleinen Silbersaals auf der Weltausstellung in Brüssel. Im selben Jahr entstand das Fresko «Tausend und eine Nacht» im Haus von Hugo Cassirer (1869-1920) in der Sigismundstrasse 1 in Berlin. Das als Drama konzipierte Fresko wurde in Kunst und Künstler wie folgt beschrieben: «Karl Walser malte eine orientalische Romantik, farbenfroh und leicht opernhaft. Der Raum war ungünstig, eine Halle und eine Treppe, zwei Wände mit unregelmässig gesetzten Türen darin, über der Eingangstür ein schiefes Wandfeld. Je weiter sich Walser von der Kaminwand, der Hauptwand, entfernte, desto freier und lockerer wurde der Stil. Die Kaminwand, mit dem vorspringenden Mittelteil, betonte er bildlich mit ‹Scheherezade erzählt dem Sultan›.
Scheherezade ruht halb aufgerichtet auf dem Bett, hinter ihr der Henker. Ihre hingerichtete Schwester liegt unten in der Ecke und der böse Pascha lauscht asthmatisch. Zu den anderen Wandmalereien: In der Szene im Zelt, wo sich das Liebespaar in Angst und Kälte aneinander schmiegt, ist jede Bewegung von grosser Zartheit, die Berührung der Hände, der Blick der Augen. Die Toilettenszene löst sich in gleissendes Sonnenlicht auf, die Formen werden von einer Lichtfülle aufgesogen, vor der man unwillkürlich die Augen schliesst. Gleich daneben in der Szene des Frauenraubs ist wieder alles in Bewegung. Die Körper der Badenden, die Räuber und die Pferde sind zu einem grossen kompositionellen Schwung zusammengefügt, mit eigensinnigen schrillen Widerständen, wie z.B. den verbockten Pferdebeinen dazwischen. Die Raub- und Toilettenszene enthält Elemente, die man sonst nur von Renoirs Gemälden und Slevogts Aquarellen kannte. Die Vision einer orientalischen Stadt, die unter der erbarmungslosen Sonnenhitze in einer gelben, ausgedörrten Hügelwüste liegt, bedeutet eine natürliche Stilisierung einer Landschaftsgefühls mit aller Wahrheit des Lichts und in aller bildhaften Erscheinungsstärke, wie sie bis dahin niemand auf die Wand zu bringen wagte. Walser betrat mit diesem Werk Neuland: Frische in stilisierten Elemente und heimlicher Stil im Natürlichen, Impressionistischen. Die Lebendigkeit und Frische, die man bisher nur auf Aquarellen gesehen hatte, war nun auf der Wand.»[39] Das Haus wurde 1943 zerstört, die Wandbilder konnten von Reinhold Cassirer gerettet werden.
Von 1910 bis 1912 malte Karl Walser im Denkmalgeschützen Landhaus des Frankfurter Industriellen Adolf Gans (1842-1912) in Königstein (Taunus) das grosse Fresko «Figuren in Landschaft». Die Wände der Loggienhalle waren nun mit dem Motiv eines Picknicks verziert.[32] Wikipedia: «1945 beschlagnahmte die Besatzungsmacht die Villa Gans und nutzte sie als «Victory Guest House» als Gästehaus. General Eisenhower bezog im ersten Stock Quartier. Hier empfing er als Hausherr u. a. Georg C. Marshall, General Clay, John D. Rockefeller, Josef P. Kennedy, Paul Getty, Henry Ford II., Bette Davis, Errol Flynn usw. Die Erben verkauften das Haus an die Landesversicherungsanstalt Hessen (LVA Hessen). Ab 2005 diente es als Verwaltungssitz der Deutschen Rentenversicherung Hessen».[46]
Walter Rathenau (1867-1922) war ein jüdischer Ingenieur, Schriftsteller und Kunstliebhaber. Sein kleineres Haus in Berlin-Grunewald hatte er ohne Architekt selbst gebaut. 1910 gab er Karl Walser den Auftrag zur Ausmalung des Frühstückzimmers im Obergeschoss. Er gestaltete es unter dem Titel «Figuren im Park» wie ein Gartensalon. Seine dekorativen Entwürfe zeigte er noch im gleichen Jahr in der Ausstellung «Schwarzweiss». Walser vergass hier sein Vorsatz, dass die Dekoration nicht illusionstisch die Wand durchbrechen, sondern den Charakter der Wand, die Fläche betonen sollte. Er dekorierte das Zimmer im Charakter einer Laube, unterteilte die Wände mit leichtem goldenen Stab- und Gitterwerk, setzte Blumenkörbe in die oberen Bereiche und Bäume streckten ihre Äste hinein. Von der Wand sah man nur den niedrigen Sockel, darüber ging der Blick in einen Park, in dem sich Menschen im Mozartkostüm sich ihres Daseins erfreuten. [39] Max Osborn (1870-1946), Journalist und Kunstkritiker: «Karl Walser schuf ein Rokoko-Impromptu, eine leichte, heitere, etwas kokette Dixhuitième-Zierlichkeit in Cézanneschen Harmonien. Tradition und Gegenwart reichen sich lächelnd die Hand.» [44] Walter Rathenau wurde 1922 als Reichsaussenminister ermordet.
1912 entstanden im Gartensalon des Landhauses von Bankier Fritz Andreae (1873-1950) und Edith Rathenau (1883-1952) in Berlin-Grunewald, Kronenbergstrasse 7-9, die Wandmalerei «Figuren, Bäume, Architektur».
Karl Walser strich die Wände des ovalen Raumes rahmgelb und verzierte sie mit weissen Stuckornamenten. Auf den graublauen Deckenspiegel malte er einen schönen Fruchtkranz. Für die grossflächigen Wandbilder war die Gliederung durch Türen und Fenster vorgegeben, die die Wand durchbrachen. Walser malte fröhliche Menschen, Frauen im Gespräch, ein Liebespaar auf einer Bank, eine lesende Dame mit ihrem Kind. Manche Partien, einzeln herausgelöst, waren fast so kostbar in der Malerei, so reich und lebendig, als stammten sie aus Bildern von Manet oder Renoir, mit all dem reichen Spiel der Farben, des Lichtes und der Reflexe. [39] 1936 musste Fritz Andreae als «Halbjude» aus den Gremien der Dresdner Grossbank ausscheiden. 1938 gab das Ehepaar das zu teuer gewordene Haus in Grunewald auf und zog in das kleinere Haus Walther Rathenaus in der Koenigsallee. 1939 emigrierten sie nach Zürich.[45]
Nelly Gans, die Tochter von Adolf Gans und ihr Ehemann, der Kaufmann Hans Herz, liessen 1912 in ihrem Haus in Berlin-Dahelm das Musikzimmer von Karl Walser ausschmücken. Das Ehepaar besass von ihm einige Bilder, wie «Blumenladen», «Portrait meines Bruders», «Frau am Fenster» und «Eremit».[33] Das Musikzimmer malte Walser mit einer Mischung aus Phantastik und Realismus, von Traum und Wirklichkeit. Es zeigt Stillleben von Musikinstrumenten, aber auch tropische Bäume mit Affen, Meerkatzen, Kolibris, Kakadus, Papageien und Pfeffervögeln. Die Tiere hatte er in Form, Farbe und Bewegung realistisch dargestellt. Die Farbe der Bäume wurde zu den Wipfeln hin heller und dünner, weil dort oben auch das Licht durchsichtiger wurde. So hatte man die Illusion von Natürlichkeit.[39]
Die 1913 entstandenen Arbeiten für das ehemalige Hamburger Kaufhaus Klöpper (heute Kaufhof) in der Mönckebergstrasse 7 zeigen in der Eingangshalle unter dem Titel «Handel und Schifffahrt» eine Reihe dekorativer Wandfriesen: Darstellungen von Hafenarbeitern, die vor den Dampfern und Eisengestängen des Hafens Kisten wälzen, beschlagen und packen, und Motive mit Kaufleuten, die sich im Büro über die Pulte lehnen. Immer mit Blick in das Zimmer des grossmächtigen Direktors.[18] Das Leben am Hamburger Hafen und in einem grossen Geschäftshaus wurde unmerklich zur Monumentalität stilisiert. Was man an jedem Wochentag draussen und drinnen sah, wurde zur Allegorie dieser Arbeit. Walsers Anordnungen, die nicht wie Hodlers Parallelismus gesucht oder bewusst stilisiert waren, sonder sich aus der natürlichen Beobachtung ergaben, machten den formalen Reiz seiner Wandbilder in Deutschland aus.[39]
In dem 1914 neu erbauten Palais von Paul und Charlotte von Mendelssohn-Bartholdy in Berlin, schmückte er das Treppenhaus und die Halle mit vier Fresken, darunter eine 10 Meter breite Darstellung «Bukolische Szenen». [32] 1916 gestaltete er im Landhaus des Juristen Dr. Josef Kranz (1862-1934) den Speisesaal mit einem grossen Wandgemälde mit Szenen aus Mozarts Don Juan. [20] Sie erschienen in der Zeitschrift Deutsche Kunst und Dekoration. Arthur Rössler: «Venedigs prunkvolle Renaissance-Festlichkeit hat sich mit heiterer Rokoko-Fröhlichkeit auf das glücklichste vereinigt.»[36] Das Haus musste später abgerissen werden, wobei die Fresken verloren gingen.[33]
Aufenthalt in der Schweiz
1915 kehrte Karl Walser in der Schweiz zurück, wohnte in Twann und im Sommer und Herbst 1916 auf der St. Petersinsel. Am Bielersee entstehen die Radierungen zu Robert Walsers «Seeland» und
Hofmannsthals «Lucidor». 5 Radierungen der «Bielersee-Szenen» stellte er 1920 an der Berner Kunstausstellung aus.[12] 1917 modellierte Hermann Hubacher eine
Porträtbüste von ihm, die heute im Neuen Museum Biel Teil der Dauerausstellung von Karl und Robert Walser ist. Sie wurde u.a. in der Zeitschrift Kunst und Künstler abgebildet.
Als sich Karl Walser im Hotel Schwert in Zürich aufhielt, gehörte zu den Hotelgästen auch der junge Oskar Reinhart (1885-1965) aus Winterthur, der eine grosse Kunstsammlung aufbauen
wollte. Reinhart hatte das Klubhaus «zur Geduld» an der Marktgasse 22 in Winterthur erworben und beauftragte Walser 1918, mit der Ausmalung der Räume, insbesondere des Vortragssaals. Dies war
sein erster grosser Auftrag in der Schweiz und der Beginn eines erfolgreichen Schaffens in Winterthur.[14] In Winterthur dekorierte er 1918 ebenfalls das
Treppenhaus der Villa des Textilunternehmers Heinrich Bühler-Koller (1862-1932) mit «Spielenden Kindern» und 1921 die Loggia von Oskar Reinharts Haus mit einem «Hirtenpaar mit Schafen».
Dieses Wandbild fand später im Klubhaus zu Geduld ein neues Zuhause.[32] Seine Lithographien und Fresken zeigte er 1918 an einer Ausstellung im Kunsthaus
Winterthur. Die beiden grossen Panneaux «Hirtenvolk I und II» von 1937 waren ursprünglich für das Casinotheater in Winterthur bestimmt. Sie gingen dann aber in den öffentlichen Besitz
der Oskar Reinhart-Stiftung in Winterthur über, wo man sie bis 2024 in der Eingangshalle des Museums anbrachte. Mit der Präsentation von «Hirtenvolk I» an der Ausstellung «Schweizer Kunst der
Gegenwart» 1937 leistete Karl Walser einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Schweizer Wandmalerei.[33]
Rückkehr nach Berlin
Von 1920 bis 1925 arbeitete Karl Walser wieder in Berlin, wo er sich als Kostüm- und Bühnenbildner dem Theater widmete. 1922 stattete er am Deutschen Theater die Inszenierung von Ivan Schmith
«Cyrano von Bergerac» von Maurice Rostand aus. 1925 überwachte er die Wiederaufnahme von «Frühlings Erwachen» an den Kammerspielen. Walser arbeitete in Berlin auch mit Regisseuren anderer Bühnen
zusammen, besonders häufig mit Hans Gregor, dem Direktor der Komischen Oper, aber auch je zweimal mit Otto Brahm und Viktor Barnowsky.[13] Die Erfolge die
Karl Walser in Berlin hatte, führten 1927 zu seiner Ernennung zum Mitglied der Preussischen Akademie der Künste.[4]
Neuer Wohnsitz Zürich
In Zürich wohnte Karl Walser zunächst provisorisch an der Kinkelstrasse 30. Dann konnte er ein Atelier an der Stampfenbachstrasse 67 nutzen, das Oskar Reinhard für bildende Künstler zur Verfügung stellte. Ab 1928 diente das Atelier ausschliesslich als Wohnung.[11] In Zürich wirkte er 20 Jahre lang. Die Neue Zürcher Zeitung berichtete ab 1904 regelmässig über ihn und machte ihn in der Schweiz bekannt. Hier hatte er die Möglichkeit, seine Kunstwerke in einem angemessenen Rahmen auszustellen: Im Kunsthaus 1909 mit japanischen Gemälden, 1925 mit 23 kleinen, handkolorierten Lithographien zu Gottfried Kellers «Romeo und Julia auf dem Dorfe», 1927 mit dem Gemälde «Karneval», 1930 mit Lithographien zu Goethes Gedichten, 1934 mit Wandbildern und Entwürfen für den Theatersaal des Dampfers Europa, der im Trockendock abbrannte und 1942 mit den vier zusammenhängenden Wandbildentwürfen für das Stadttheater Bern. Im Kunstgewerbemuseum zeigte er an der Theaterausstellung 1914 Bühnenbilder und Figurinen zu «Hoffmans Erzählungen», «Carmen» und «Bohème» aus und an der Theaterausstellung 1931 die Entwürfe zu Shakespeare-Dramen. Im Kunstsalon Wolfsberg zeigte er 1924 seine 58 Aquarelle der Kollektion «Japanische Reise». In der Graphischen Sammlung der ETH präsentierte er 1935 Illustrationen zu Kleists «Prinz von Homburg».
Mitbegründer des «Graphischen Kabinetts»
Karl Walser war 1922 Gründungsmitglied des «Graphischen Kabinetts», der schweizerischen Vereinigung graphischer Künstler, die ihren Sitz im Kunsthaus hatten. Mit
Ausstellungen, der Herausgabe von Mappen und Einzelblättern trug das «Graphische Kabinett» zur Förderung und Pflege der graphischen Künste (Radierung, Holzschnitt, Lithographie und Handzeichnung)
bei. Die Vertretung der Blätter hatte das Zürcher Kunsthaus übernommen, wo die Mappen der einzelnen Künstler allen Freunden der Schwarz-Weiss-Kunst offen standen und wo auch in wechselnden
Ausstellungen die neuen Arbeiten gezeigt wurden. In der ersten Ausstellung zeigte Walser kleine Lithographien zu einer Novelle von Hesse. 1931 verteilten sie an ihre Mitglieder eine
grossformatige Walser-Lithographie mit einem Motiv aus der Antike, zwei Figuren mit Wasserkrügen.[31]
«Zürich mit seinen alten Patrizierhäusern, Gassen und Gärten, liebte ich von jeher! Nirgends
ist Altes und Neues schöner verbunden wie hier. Hier fand ich gastliche Aufnahme
und Förderung meiner Bemühung um die Wiederbelebung der Wandmalerei.»
Karl Walser, Zürcher Illustrierte Nr. 14, 1933, S. 437
Wandmalereien für Zürich
Zuerst setzten sich private Kunstfreunde und Sammler für ihn ein. Als der Kunstsammler Martin Bodmer (1899-1971) das 1769 erbaute, aber verwaiste «Muraltengut» renovieren liess, schuf Karl Walser in Etappen zwischen 1925 und 1929 mehrere grossformatige Ölbilder für das stilvolle Gebäude. Walser bestimmte auch die Möblierung und entwarf den Kronleuchter.
Kunsthistoriker Walter Hugelshofer (1899-1987): «Walser hatte für das Bibliothekzimmer entzückende Stilleben mit allerlei Gerät, Masken, Noten, Musikinstrumente, Früchten, Büchern geschaffen. Die Eingangshalle schmücken zwei grosse, festlich mythologische Bilder und den Gartensaal wunderbar bezaubernde Panneaux. Es sind keine Wandgemälde im eigentlichen Sinn, sondern bewegliche Leinwandbilder auf leichten Rahmen, abzunehmen wie Gobelins. Es ist das Walsersche Thema: Menschen im freiem, ungezwungenem Spiel, im heiteren Beisammensein beim Wasserholen, beim Fischfang, mit Tieren auf der Weide, in einer Zeit und einer Umgebung, die von Nöten gänzlich unberührt ist. Die Malereien im Muraltengut sind seine reifste Leistung.»[47] Das Muraltengut wurde 1944 der Stadt Zürich verkauft und zum städtischen Repräsentationsgebäude ausgestaltet. Der frühere Besitzer nahm die vier Wandbilder mit den Hirtenszenen mit, die erstmals wieder 1944 im Kunsthaus Zürich zu sehen waren.
1930/31 malte er für das Ehepaar Helene und Alfred Dürler-Tober im Speisesaal der Villa Forster am Zürichberg das Wandbild «Idyllen» mit einer arkadischen Szene in
zartem Apfelgrün. Es misst 7 x 3,50 m.[33] Kunsthistorikerin Doris Wild (1900-1993): «Walser hat mit seinen pastoralen Dekorationen die vornehmste Aufgabe
des Wandbildes, den Rahmen eines Raumes zu beleben, ohne ihn zu sprengen, mit grossem künstlerischen Takt gelöst.»[51]
Stadtbaumeister Hermann Herter verstand es, Walsers Talent für besondere Aufgaben der Wandmalerei einzusetzen. So entstand 1933 im Lesesaal der Gewerbeschule die Dreifigurenkomposition «Die
Lesenden». In den offenen Treppenhallen der städtischen Amthäuser III und IV an der Uraniastrasse schuf der Künstler 1933 bis 1934 zwei Fresken, die entsprechend den Verwaltungsabteilungen der
beiden Gebäude das Bauwesen und mit «Die Mädchenschule» die Schule symbolisieren.[5]
Karl Walsers Fresken am Amtshaus III (links) und IV (rechts). Zustand 2024.
1935 erhielt die Bocciabahn im Haus von Oskar Reinhardt einen gemalten «Bocciaspieler». 1936 malte er die Wandgestaltung «Die Trauernden» in der Friedhofskapelle
Sihlfeld in der klassischen Freskotechnik der italienischen Renaissance. An der Landesausstellung in Zürich stellte er 1939 an der Wand der Halle «Schrifttum und Presse» das 6 x 4 Meter grosse
Wandbild «Schrifttum» aus. Es zähle zu den stärksten Werken Walsers und ruft die Menschen zur geistigen Arbeit auf.[6]
Von 1938 bis 1941 entstand in Zürich das Hallenbad City an der Sihlstrasse 1. Für die künstlerische Ausstattung beim Aufgang zum Erfrischungsraum wurde ein Wettbewerb unter Zürcher Künstlern durchgeführt, der jedoch erfolglos blieb. Daraufhin beauftragte man Karl Walser, der nicht am Wettbewerb teilgenommen hatte. Er malte eine grosse Dekoration mit Badeszenen. 1957 wurde die Villa Freudenberg, die mit seinen Bildern versehen war, abgebrochen.
Karl Walsers Wandbilder im Zürcher Hallenbad City. Zustand 2024. Fotos; Mit freundlicher Genehmigung vom Hallenbad City.
«Karl Walser appelliert in seinem Werk an eine tiefere und zugleich elementarere
Schicht in uns: an das verschüttete Gefühl für reine Schönheit. Er ruft das
Paradies der stillen glückhaften Insel auf, die in unseren Träumen lebt.»
Walter Hugelshofer, Das Werk, April 1944, S. 121
Der Fackelträger von Solothurn
Das Ölbild «Fackelträger», ausgestellt beim Pressepavillon der Schweizerische Landesausstellung 1939, erwarb die UNESCO-assoziierte Kantonsschule Solothurn am Herrenweg 18.
Peter Jeker, Kulturvermittler und ehemaliger Lehrer für Bildnerisches Gestalten der Kantonsschule Solothurn: «Durch das Engagement und die Vermittlung des
Solothurner Kunstsammlers Josef Müller erhielt das Landi-Bild hier seinen Platz. Müller weilte damals zwar in Paris, beobachtete aber aufmerksam die Schweizer Kunstszene. Es war ihm bekannt, dass
in Solothurn eine Kantonsschule gebaut wurde, und er war mit dem Präsidenten der Kunstkommission Walter Schnyder immer wieder im Gespräch. Das Bild zeigt drei Figuren in einer mit kubanischen
Steinblöcken gebaute Landschaft. Die Figuren sind stark vereinfacht, die Betonung des Körperlichen und der Plastizität waren dem Künstler wichtiger als die Klarheit der Details. Eine
gestalterische Verwandtschaft mit Geisers David ist unverkennbar. Walser notierte in der Regel zuerst auf kleinen und mittelgrossen Blättern einzelne Figuren oder Köpfe, kaum je ganze
Kompositionen. Dabei zeichnete er aus der Vorstellung; er benötigte kein Modell. Die flüchtigen Skizzen dienten jedoch lediglich dazu, verschiedene Anordnungen zu erproben. Hatte er diese
gefunden, warf er seine Studien weg. Er zerlegte die Kompositionen für den Fackelträger auf besonders vorbereitete Tafeln. Die farbliche Bildwirkung war Walser besonders wichtig. Kein lauter Ton
durfte sich nach vorn drängen und auffallen. Die Nuancierungen beschränken sich beim Bild des Fackelträgers auf die Kennzeichnungen und die Übergänge von Licht und Schatten. Wie er seinen stark
vereinfachten Figuren mittels Farbe Plastizität verleiht, gemahnt an die Arbeit eines Bildhauers.»[40]
Die letzten Jahre
Mehrere Wandbilder, für die er Entwürfe zeichnete, kamen nicht zur Ausführung: Der Entwurf «Ordnung und Mass» für den Völkerpalast Genf (1935) brachte ihm nur den 2. Preis. Die Entwürfe
«Uhrmacher und Färber» für den Schweizer Pavillon der Weltausstellung in Paris (1937) und für den Militärflugplatz Dübendorf (1939) vielen ebenfalls durch. Als Karl Walser 1940 am Wettbewerb zur
Ausschmückung des Bundesbriefarchivs in Schwyz mit dem Entwurf «Die Eidgenossen» teilnahm, verlor er gegen den Ligerzer Künstler Walter Clénin. Dafür erhielt Walser den Auftrag etappenweise die
beiden Treppenhäuser des Berner Stadttheaters mit Wandmalereien auszuschmücken.
Das 1899 bis 1903 errichtete Gebäude ist ein charakteristisches Beispiel der neubarocken Theaterarchitektur des ausgehenden 19.
Jahrhunderts. Der Berner Gemeinderat Fritz Raaflaub (1884-1953) gründete in den Krisenjahren nach dem Ersten Weltkrieg eine städtische Kunstkommission, die im Namen des Gemeinderats an Künstler
Aufträge vergab, um öffentliche Gebäude mit Fresken und Gemälden auszuschmücken. Der aus Reconvilier stammende Maler Adolf Tièche (1977-1957) machte die städtische Kunstkommission darauf
aufmerksam, die Treppenhäuser des Stadttheaters auszuschmücken. Raaflaub setzte sich mit Karl Walser in Verbindung und vermittelte ihm den Auftrag.[64]
Karl Walsers «Musik» (links) und «Tanz» (rechts) im Treppenhaus vom Stadttheater Bern.
Im Sommer 1941 vollendete Walser die ersten beiden Bilder des Zyklus «Musik und Tanz» im Treppenaufgang auf der Kornhausseite. Sie wurden 1984 im Buch «Unser Stadttheater von Bern» vom Kunsthistoriker Willy Rotzler (1917-1994) wie folgt beschrieben: «Die Ölmalereien wurden im Atelier des Künstlers auf Sperrholzplatten ausgeführt. Die Teilstücke wurden auf den vorbereiteten Wandflächen zusammengefügt und montiert. Fugen und Schraubenlöcher wurden nachträglich sorgfältig verputzt. Die originale Wandgliederung durch ein reich profilierten Rahmen liess der Künstler entfernen, um seine Bildtafeln in einen mit Spachtelfarbe ‹handwerklich-malerisch› behandelten, flachen und breiten Rahmen setzen zu können. Die monumentalen Kompositionen ‹Hirtenvolk I + II› von 1937/40 (Winterthur, Stiftung Oskar Reinhart) können als Vorläufer der Kompositionen im Berner Stadttheater bezeichnet werden. In den Kriegsjahren mit der Idylle zu antworten, ist nicht nur für die Persönlichkeit Karl Walsers ein aufschlussreiches Phänomen, es ist zugleich typisch für weite Teile der damaligen schweizerischen Kultur - ein Phänomen, das noch einer überzeugenden sozio-kulturellen wie psychologischen Deutung harrt.» [66]
Die Wandbilder wurden im September 1941 anlässlich der Premiere des Laupenspiels erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Adolf Tièche: «Man hatte Walser einen schönen Platz im Theater reserviert. Alle fragten nach ihm, aber vergeblich, in aller Stille war er heim nach Zürich gefahren. Er war ein stiller, bescheidener Mann.»[1]
Das gotische «Alte Berner Rathaus» bestand von 1406 bis 1940 und wurde während des zweiten Weltkriegs aus Arbeitsbeschaffungsgründen
unter Baudirektor Robert Grimm umgebaut. Da der Grossratssaal mit 200 Sitzplätzen ausgestattet wurde, mussten der alte Regierungsratssaal und andere Räume weichen. Der Haupteingang wurde aus dem
Arkadenaufbau der Freitreppe in die offene Halle des Erdgeschosses verlegt. Da die Verbindung zur Staatskanzlei verloren ging, entstand ein neuer Trakt zwischen Rathaus und Staatskanzlei. Als
heikle Aufgabe erwies sich die Gestaltung des neuen Grosssratssaals im 1. Stock. Im Frühjahr 1941 suchte der Berner Regierungsrat einen Künstler um ihn auszuschmücken. Die Baudirektion
beauftragte den Kunstmaler Walter Clénin mit der Ausarbeitung eines Entwurfs. Sie liess ihm sowohl in der Wahl des Themas als auch in der Komposition freie Hand. Der erste Entwurf, der nicht
überzeugte, wurde im Herbst 1941 vorgelegt. Bis Ende 1941 sollte Clénin einen zweiten Entwurf einreichen. Um nicht auf den Vorschlag eines einzigen Künstlers angewiesen zu sein, ersuchte die
Baudirektion gleichzeitig Karl Walser, ebenfalls einen Entwurf zu erarbeiten. Beide Entwürfe wurden Anfang 1942 eingereicht. Nach Rücksprache mit Oscar Reinhardt lehnte der Regierungsrat den
neuen Entwurf Clénins einstimmig ab und entschied sich für den denjenigen Karl Walsers. Dieser erhielt am Februar 1942 den Auftrag, wobei ihm die Regierung für die weitere Bearbeitung seines
Entwurfs einige neue Vorgaben machte. In aller Eile musste er an der Ostwand das Riesenbild von 24 x 6 Meter innerhalb von zwei Monaten in Spachteltechnik fertigstellen, denn dann begannen die
Sitzungen. Es zeigt den «Aufbau» der Stadt Bern durch Architekt, Handwerker und einer Mutter mit ihren Kindern. Ein Bär beobachtet das Geschehen. Am 31. Oktober 1942 fand die Einweihung durch
Bundespräsident Etter, die Bundesräte Stampfli, von Steiger und General Guisan statt. Unter den Gästen befanden sich auch der ehemalige Dufourschulhaus-Schüler und Alt-Regierungsrat Walter
Boesiger (1878-1960), der sich fast ein Jahrzehnt mit dem Problem des Rathausumbaus befasste und der Bieler Stadtpräsident Guido Müller (1875-1963).
Peter Meyer in der Schweizerischen Bauzeitung: «Karl Walser verstand es die kubanischen Raumformen aufzugreifen und in seine Bildkomposition einzubauen Die braunen, graubraunen und braunvioletten
Töne sind meisterhaft im Gemälde vereint. Die auftraggebende Behörde hätte dem Künstler jedoch mehr Zeit für die Ausführung geben sollen. Die Überanstrengung des gesundheitlich angeschlagenen
Walser dürfte seinen Tod beschleunigt haben.»[55] 1989/99 verlangte eine Motion der damaligen Grossrätin Barbara Gurtner die Entfernung des Freskos, da es
nicht mehr zeitgemäss sei. Skandalöserweise sind darauf 12 männliche, aber nur zwei weibliche Personen abgebildet. Der Rat lehnte die Motion mit 132 zu 14 Stimmen ab.
Karl Walsers Bild im Grossratssaal zeigt den «Aufbau» der Stadt Bern. Zustand 2024.
1942 nahm Karl Walser zusammen mit dem Bildhauer Otto Bänniger und dem Grafiker Max Hunziker an der 23. Biennale in Venedig teil. Aus ihrem Werk wählte das Departement des Inneren 8 Wandbildentwürfe, 27 Skulpturen und 12 graphische Blätter aus. Die Arbeiten der drei Künstler wurden nach der Rückkehr von Venedig im Kunstmuseum Luzern ausgestellt.
Im Sommer 1943 begann Walser schwer erkrankt im Stadttheater Bern (Aareseite) mit dem dritten Wandbild «Tragödie». Zu dieser Zeit befand er sich im Salem-Spital. Das vierte Bild «Komödie» konnte er nicht mehr beginnen. So bleibt die Wand vom Stadttheater bis heute leer. Von 1980 bis 1984 wurde das Stadttheater saniert, wobei die Denkmalpflege die Erhaltung der Bilder Walsers forderte.
Karl Walsers «Tragödie» war das dritte und letzte Wandbild fürs Stadttheater Bern.
Sein Grab
Karl Walser starb am 28. September 1943 in Bern mit 66 Jahren an einem Schlaganfall. Am 1. Oktober wurde er auf dem Berner Schlosshaldefriedhof beigesetzt. 2004 beschloss der Gemeinderat, das
Grab zu erhalten und verlängerte die abgelaufene Konzession um 40 Jahre. Das Robert Walser Zentrum schreibt auf seiner Webseite: «Zusammen mit Stadtgrün Bern und der Leitung des
Schlosshaldenfriedhofs pflegt das Robert Walser-Zentrum das Grab. 2018 wurde ein Stein mit einem Satz von Robert Walser hinzugefügt (Gestaltung: Ewald Trachsel), 2024 neben dem Grabfeld eine
Gedenktafel errichtet (Gestaltung: Urs Hungerbühler). Im Zuge dieser Arbeiten wurde bekannt, dass die Grabstätte 1987 mit der Urne von Karl Walsers verstorbener Ehefrau Hedwig ergänzt worden war.
Die Grabpflege durch das Robert Walser-Zentrum beruht auf einer Initiative von Lukas Leuenberger und der finanziellen Unterstützung von Cornelia und Daniel Stettler.»[16]
Karl und Hedwig Walsers Grab, Zustand 2024. Klicke auf die Bilder, um sie zu vergrössern.
Die Inschrift «Man sah den Wegen am Abendlicht an, dass es Heimwege waren» stammt aus Robert Walsers Roman «Der Gehülfe».
Ein Brunnen für Karl und Robert Walser
Hans Aider, Redaktor der Appenzeller Zeitung, und Gemeinderat Rudolf Reutlinger, hatten die Idee ein Denkmal für Robert Walser zu errichten. Bald war das «Komitee für eine
Robert-Walser-Gedenkstätte in Herisau» gebildet. Als Ehrenpatronatsmitglieder stellten sich der schweizerische Bundesrat Philipp Etter und der deutsche Bundespräsident Theodor Heuss zur
Verfügung. Im August 1959 beschloss das Komitee im Beisein von Carl Seelig den in Herisau aufgewachsenen Bildhauer Lorenz Balmer mit der Ausführung seines Entwurfs zu beauftragen. Gleichzeitig
sprach es sich dafür aus, mit der Gedenkstätte auch den Maler Karl Walser zu ehren. Die erforderlichen Mittel konnten durch Beiträge öffentlicher Institutionen und privater Spender aufgebracht
werden. Ein grosse Brunnen wurde aus einem Block Jurakalk geschlagen und am 16. Juni 1962 eingeweiht. Die Schweizer Filmwochenschau dokumentierte den Anlass unter dem Titel «Herisau ehrt zwei
grosse Schweizer Künstler».[30]
Die Erste Karl Walser-Ausstellung in Biel
Vom 14. Mai bis 12. Juni 1977 ehrte die Museumskommission der Stadt Biel Karl Walser erstmals mit einer Theaterausstellung zu seinem 100. Geburtstag. Sie fand in der
Alten Krone statt und wurde gestaltet von Marcus Bourquin (Stadtarchivar und Konservator des Museums Schwab), Anna Dorothea Noser-Hasler (Assistentin des Museums Schwab) und Restaurator P.
Rettenmund. Die Bühnenbildentwürfe zu Don Pasquale, Romeo und Julia auf dem Dorfe, Alpenkönig und Menschenfeind, Leonce und Leona, stammen aus der Schweizerischen Theatersammlung in Bern. Diese
besitzt rund 60 Entwürfe von Walsers Bühnenbilder und Figurinen. Weitere Ausstellungsstücke kamen u. a. von der Schweizerischen Landesbibliothek Bern und der Stadtbibliothek Biel. Marcus
Bourquin: «Walser zeigt sich als Virtuose im Sich aneignen und Verarbeiten vergangener Stilstufen wie des Rokoko, den Empire, der Romantik und des Biedermeier, während sich in der lyrischen
Subtilität seiner zeichnerischen und malerischen Niederschriften italienisches und fernöstliches Kulturgut widerspiegelt, das sich der Maler in ausgedehnten Reisen angeeignet hatte.»[54] 1989 zeigte die Ausstellung «Theater - Bühne frei» einige Werke Karl Walsers wieder in der Alten Krone. Diese Ausstellungen waren immer Gruppenausstellungen und
nicht ihm allein gewidmet.
Nachlass im NMB (Neuen Museum Biel)
Die kinderlose Witwe Dora Neuhaus (1889-1975) stiftete ihre Räumlichkeiten mit der Auflage, darin ein Museum zu machen. Durch die Stiftung Neuhaus wurde Doras Wohnung in einem ehemaligen
Fabrikantengebäude als Museum für bürgerliches Wohnen und Haushalten eingerichtet. Weitere Sammlungen kamen dazu. Das Bieler Tagblatt meldete am 19. 4. 1986, das die Kunstsammlung Biel über kein
Werk von Karl Walser verfügte.
Kunsthistoriker und Initiant Andreas Meier im Bieler Tagblatt: «lm Juni 1987, als die Projektierung für das erweiterte Museum Neuhaus (heute NMB) und das Kunsthaus begann, starb in Zürich die Witwe Karl Walsers im Alter von 102 Jahren. Sie vermachte der Gottfried-Keller-Stiftung testamentarisch den künstlerischen Nachlass ihres Mannes, der Gemälde, illustrierte Bücher, Zeichnungen, Bühnen- und Wandbildentwürfe sowie Briefe und Fotodokumente umfasst.»[28]
Im Mai 1988 wurde in Meiers «Zwischenbericht zum Kunsthaus in Biel» die Möglichkeit erwähnt, dass die Gottfried-Keller-Stiftung den künstlerischen Nachlass von Karl
Walser seiner Geburtsstadt Biel als Leihgabe überlassen könnte. Bald wurde der Vertrag unterzeichnet und der Nachlass in Biel im Haus Neuhaus deponiert. Die Übernahme der Dauerleihgabe bedingte
eine Inventarisierung sowie eine fachgerechte Bearbeitung und Aufbewahrung. Zur Finanzierung der damit verbundenen Arbeiten bewilligte der Gemeinderat einen Nachkredit von 30 000 Franken. Der
Nachlass bildet die Basis für eine Dauerausstellung zu Leben und Werk der beiden Brüder Karl und Robert Walser.[26] Da Biel zu dieser Zeit über kein
Kunsthaus verfügte, wurden das Pasquart-Spital oder das Schulhaus Dufour-West für die Unterbringung der Kunstobjekte ins Auge gefasst.[27] Im August 1988
wurden an der Bieler Messe den Besuchern in einem «Museumszelt» erstmals einige Werke der Walser-Sammlung der Öffentlichkeit präsentiert. Andreas Meier: «Viele der Werke von Karl Walsers konnten
erst im Zuge der Aufarbeitung des Nachlasses wiederentdeckt werden. Sie wurden durch Leihgaben aus privaten und öffentlichen Sammlungen ergänzt.»[28]
Ende Oktober 1989 reichte die Stiftung Neuhaus ein Kreditgesuch für die Renovation ihrer Liegenschaften und deren Umbau zum Museum Neuhaus ein. Im März 1990, noch bevor das Projekt für das Museum Neuhaus zur Behandlung in der Gemeinde und den Stadtrat und schliesslich zur Volksabstimmung kam, wurden Karl und Robert Walser in der Bieler Altstadt (Alten Krone) eine grössere Ausstellung gewidmet. Sie wurde von Andreas Meier organisiert. Gezeigt wurden Frühwerke der Berliner und Bieler Zeit 1900 bis 1920, in der sich die beiden Brüder intensiv begegnet sind, bevor sie sich entfremdeten. Die weltweit in verschiedensten Theatersammlungen verstreuten Bühnenbildentwürfe waren in einer Diashow zu sehen.[29]
Am Februar 1991 erschien von Andreas Meier und Bernhard Echte eine Monographie über Karl und Robert Walser. Am März 1991 bewilligte der Stadtrat unter Stadtpräsident Hans Stöckli 5,7 Millionen Franken für den Umbau und die Renovation des Museums Neuhaus. Die Stiftung Neuhaus als Trägerin steuerte durch Verkauf eines Grundstücks 1,25 Millionen bei. Mit der Unterstützung von Bund und Kanton beliefen sich die Gesamtkosten auf 13 Millionen Franken. Am Oktober 1991 stimmten 58 Prozent der BielerInnen mit «Ja».Die Sammlung wurde 1991 ergänzt durch die Aquarelle «Japanische Musikantin mit Trommel» und «Abendliche Strassenszene in Yoshiwara», sowie einer broschierten Ausgabe von «Fritz Kochers Aufsätzen».[77]
Von 1993 bis November 1995 erfolgten der Umbau und die sanfte Sanierung des Museums. In den wertvollen historischen Räumen mussten einerseits die Parkettböden, Wand- und Deckentäfer renoviert werden, andererseits aber auch die nötigen Voraussetzungen für einen funktionellen Museumsbetrieb geschaffen werden, etwa mit Räumen mit geeigneten Lichtverhältnissen und konstanter Luftfeuchte.
Bernhard Echte, ehemaliger Konservator der Abteilung «Kunst und Illustration» im NMB-Jahresbericht 1994: «Karl Walser hatte sich schon seit der Jahrhundertwende für Japan interessiert und 1903 die Zeichnung einer japanischen Frau auf der Ausstellung der Berliner Secession gezeigt. Auch in der Beschäftigung mit van Gogh, die um 1905 für ihn prägend wurde, begegnete japanischen Einflüssen, von denen einige in die Gestaltung der van Gogh-Briefedition einflossen, die Walser für den Verlag Bruno Cassirer übernahm. Darin sind van Goghs Zeichnungen wie kleine japanische Miniaturen eingesetzt.»[68]
Über die Gottfried Keller-Stiftung gelangte das Museum 1991 in den Besitz der aquarellierten Bleistiftzeichnungen «Japanische Musikantin mit Trommel» und «Abendliche Strassenszenen in Yoshiwara». Bernhard Echte: «1992 wurde in der 28. Auktion des Berliner Auktionshauses Villa Grisebach das Gemälde ‹Japanisches Schauspiel› von Karl Walser versteigert. Es befand sich bis 1921 in Paul Cassirers Privatbesitz und wurde dann an die Schauspielerin Mia May verkauft. 1992 erwarb es die Zürcher Kunsthandlung Feilchenfeldt, die Nachfolgefirma der Firma Cassirer, die es grosszügigerweise an die Gottfried Keller-Stiftung und damit an das Museum Neuhaus weitervermittelte.»[68]
Nun konzentrierte sich das Museum darauf, die Sammlung Walser mit einem detaillierten Ausstellungskonzept, der Suche nach unbekannten Gemälden und der Finanzierung
zweier bedeutender japanischen Ölgemälde Karl Walsers besser zu erschliessen. Es handelte sich um die 1908 entstandenen Werke «Religiöses Fest in Giontempel, Kyoto» und «Fest auf dem Fluss». 1994
beschloss die Gottfried Keller-Stiftung, eines der beiden Bilder aus Mitteln des Walser-Legats zu erwerben. Für den Kauf des zweiten Gemäldes steuerte der Kanton Appenzell Inner-Rhoden (als
Heimatkanton der Familie Walser) einen grösseren Beitrag bei. Einer künftigen Ausstellung von Karl Walsers Japanreise stand nun nichts mehr im Wege. Seit 1994 verfügte das NMB über EDV und nahm
die Sammlung Walser in die Datenbank auf, unter anderem die 1992 und 1994 auf dem Kunstmarkt erworbenen drei Gemälde von Karls Japanreise.
Anlässlich der Wiedereröffnung des Museums Neuhaus am 25. November 1995 wurde die Ausstellung «Karl Walser - Die Gemälde» gezeigt. Die Graphische Sammlung der
Schweizerischen Landesbibliothek steuerte neun Werke bei. Der Jahresbericht 1995: «Zur Eröffnung des Museums waren aus verschiedenen europäischen Museen und Privatsammlungen von Konstanz bis
Göteborg und von München bis Berlin Tafelbilder von Karl Walser ausgeliehen worden. Damit konnte der Wunsch, eine grosse Anzahl von Bildern aus allen Schaffensperioden Karl Walsers
zusammenzutragen und in einer Ausstellung zeigen zu können, erfüllt werden. Für die Sammlung konnte das japanische Aquarell ‹Tempelhain bei Tsuruga› erworben werden. Ausserdem wurden dem Museum
eine Vielzahl von Büchern, Erstausgaben und seltenen Drucken geschenkt.»
Im September 1996 spendete der in Evilard wohnende Hermann Schrämli (1905-1997) Fr. 25‘000.- für den Kauf eines Gemäldes von Karl Walser.[69] Dank
einer Gönnerin konnte 1997 Walsers Gemälde «Frau auf Blumenwiese» aus Berliner Privatbesitz erworben werden. Es entstand 1910 auf der Hochzeitsreise des Künstlers auf der St. Petersinsel.
Das Museum erhielt auch eine Skizze von 1910, die den Innenhof des Klosters auf der St. Petersinsel zeigt. Im Weiteren fand durch Schrämlis Legat, das Bild «Der Wald» (1903) und die Karl
Walser-Büste von Hermann Hubacher (1919) ihren endgültigen Platz im Museum. Dr. Hugo Wagner, Altdirektor des Berner Kunstmuseums übergab der Sammlung das Gemälde «Venedig» (1935) als Depositum
der Gottfried Keller-Stiftung.[70] 1998 kamen einige illustrierte Bücher von Karl Walser und das Aquarell «Die Tänzerin Fukuko» (1908) hinzu. 1999 stellte
das Georg-Kolbe-Museum Berlin ein Leihgesuch für alle wesentlichen Werke Karl Walsers, die sich als Deposita der Gottfried-Keller-Stiftung im Museum befanden, für eine auf Herbst 1999 in Berlin
geplante Karl und Robert Walser-Ausstellung. Daraufhin kehrten auch die Leihgaben der Carl-Seeling-Stiftung ins Robert Walser-Archiv zurück. Drei Monate vor der Berliner Eröffnung musste das
Georg-Kolbe-Museum die Ausstellung aus finanziellen Gründen absagen. Das Museum Neuhaus entschloss sich daraufhin, im Herbst 2000 eine neue Walser-Dauerausstellung einzurichten.[71]
Am 28. Oktober 2000 konnte die neue Dauerausstellung «Karl und Robert Walser - Maler und Dichter» eröffnet werden, die vor allem die Zusammenarbeit der Brüder thematisiert. Anhand von kleinformatigen Bildern aus der Berliner Zeit Karl Walsers wird gezeigt, wie der Dichter das Werk seines malenden Bruders beschreibt und poetisch interpretiert. Gleichzeitig wurde die Sonderausstellung «Karl Walser - Die Buchkunst» eröffnet. Beide Ausstellungen wurden im Januar 2001 mit einem ausführlichen Bericht in der Tagesschau DRS ausgestrahlt [72]
Plakat der Karl Walser Ausstellung «Buchkunst» vom NMB, 2000.
Sammlung Stadtbibliothek Solothurn.
2001 kamen die Lithographie «Hirte» und die Aquarelle «Hafenlandschaft» und «Rigi Klösterli» (1926) hinzu. 2002 konnte die Büchersammlung durch Ankäufe und
Schenkungen weiter ausgebaut werden, so dass das Museum über einen beachtlichen Bestand verfügt.[73] 2003 finanzierte der «Verein der Freunde des Museum
Neuhaus Biel» den Kauf von 10 Original-Illustrationen zu Märchen von Wilhelm Hauff.
2005 gelangte ein viertes japanisches Gemälde von Karl Walser in den Besitz des Museums, das mit Hilfe der Gottfried Keller-Stiftung und des Vereins Freunde des Museums Neuhaus auf einer Auktion
in Amsterdam erworben werden konnte. Es trägt den Titel «Religiöses Fest in Kyoto» (1908). Das Ölgemälde «Mädchen mit Puppenwagen» wurde dank einem Legat der verstorbenen Maja von Bonstetten in
Berlin ersteigert. Hinzu kam das Aquarell «Szenen aus Hoffmanns Erzählungen».[74] 2007 kamen durch Kauf oder Leihgabe das Gemälde «Winterlandschaft» (1915)
und die Stillleben «Obst mit Weinkaraffe» und «Früchte und Gemüse» (beide 1893) hinzu.
2008 konnte das NMB erstmals einen Grossteil der weit verstreuten Japan-Werke in einer Ausstellung zusammenführen, die in einem prachtvollen Ausstellungskatalog des Konservators Philippe Lüscher dokumentiert wurde. 2010 kaufte das Museum das Aquarell «Bucht am Meer in Japan» (1908). 2013 publizierte das NMB in Zusammenarbeit mit Verena Senti-Schmidlin den Katalog «Grosses Format Wandbilder von Karl Walser», der auch biografische Daten und den Museumsbestand von Karl Walser enthält. Ab 2016 erfolgte die Dauerausstellung «Karl und Robert Walser - Maler und Dichter. Die Berliner Jahre». Das Museum erhält 2018 den «Blick aus dem Fenster» (1899). 2020 fand die Ausstellung «Karl Walser - Eine Malerkarriere» statt. 2023 erschien von Verena Senti-Schmidlin das Buch «Karl Walser», für das sie im NMB unter der damaligen Direktorin Bernadette Walter recherchieren konnte. Am 27. 9. 2023 fand im NMB ihre Buchvernissage mit einem Vortrag unter dem Titel «Das Reich der Kunst ist ein Ganzes, Unteilbares» statt.
Quellen: 1) Adolf Tièche, «Karl Walser» in Schweizer Kunst, Nr. 10, Neuchâtel, Dez. 1943, S. 83; - 2) Otto Zinniker «Robert Walser - Der Mensch und der Dichter» in
Der kleine Bund, Bern, 21. 3. 1943, S. 1; - 3) Karl Walser, nmbiel.ch, Online, abgerufen 2024; - 4) Werner Bourquin, «Kunstmaler Karl Walser» in Bieler Tagblatt, Biel, 30. 9. 1943, S. 3; 5) E.
Br., «Karl Walser und Zürich» in Der Bund, Bern, 1. 10. 1943, S. 1f; - 6) «Dem Gedenken Karl Walser» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 10. 10. 1943, S. 18; - 7) J. V. W. «Die Gebrüder Walser» in
Der Bund, Bern, 9. 12. 1904, S. 1f; - 8) R. «Karl Walser Ausstellung in München» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 25. 6.
1907, S. 1 - 9) Hans Bethge, «Karl Walser» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 9. 8. 1909, S. 1; - 10) AM, «Berliner Secession» in Bieler Tagblatt, Biel, 17. 3. 1990, S. 6; - 11) Mk., «Hedwig Walser
hundertjährig» in NZZ, Zürich, 3. Mai 1985, S. 50; - 12) Irmel Roher-Lüthi, «Im Schatten des anderen» in Bieler Tagblatt, Biel, 14. 5. 1988, S. 41; - 13) Edmund Stadler, «Richard Vallentin und
Karl Walser» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 9. 9. 1973, S. 53; - 14) Walter Hugelshofer, «Briefe an Karl Walser» in Schweizer Monatshefte, März 1981, S. 213ff; - 15) AM, «Berliner Secession» in
Bieler Tagblatt, Biel, 17. 3. 1990, S. 6; - 16) «Karl Walsers Grab» auf robertwalser.ch, Online, abgerufen am Juni 2024; - 17) Verena Senti-Schmidlin, «Die Künstlerfreundschaft Karl Walser -
Marcus Behmer» in Librarium, Nr. 1., Mai 2016, S. 39ff; - 18) «Dekorative Arbeiten für Hamburg von Karl Walser» in Hamburger Schifffahrts-Zeitung, 15. 4. 1914, S. 9; - 19) «Das Deutsche Theater»
in Norddeutsche allgemeine Zeitung, 8. 10. 1905, S. 11; - 20) «Don Juan-Fresken Walsers» in 2. Beilage der Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 41, 25. 1. 1920, S. 5; - 21) Fritz Stahl, «Karl Walsers
Bilder und Studien aus Japan» in Berliner Tagblatt und Handels-Zeitung, 4. 4. 1909, S. 2; - 22) Dr. Oswald Kahnt, «Buchbesprechung Fritz Kochers Aufsätze» in Leipziger Tageblatt, 29. 1. 1905, S.
25; - 23) Dr. F. Huber-Renfer, «Erst- und Spätausgaben Robert Walsers» in Stultifera Navis, Nr. 3/4, Basel, 1957, S. 138ff; - 24) L. Mass, «Geschichten von Robert Walser» in Leipziger Tagblatt,
21. 12. 1914, S. 9; - 25) Robert Walser, «Leben eines Dichters» in Kunst und Künstler - Illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 4. Jahrgang, Berlin, November 1906, S.
53ff; - 26) «Karl Walsers Nachlass» in Der Bund, Bern, 7. 7. 1988, S. 23: - 27) Georges Luks, «Konsens und Neuorientierung» in Bieler Tagblatt, Biel, 1. 6. 1988, S. 10; - 28) Andreas Meier, «Karl
und Robert Walser» in Bieler Tagblatt, Biel, 17. 3. 1990, S. 1; - 29) Thomas Feitknecht, «Biel gedenkt seiner Söhne Karl und Robert W.» in Der Bund, Bern, 19. 3. 1990, S. 27; - 30) Peter Witschi,
«Walser-Denkmäler in Herisau» in Saiten: Ostschweizer Kulturmagazin, S. 20; - 31) «Graphisches Kabinett» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 5. 12. 1922, S. 5; - 32) Heidi Kräuchi, Jörg Schäfer,
Felix A. Baumann, Hedwig Agnes Walser, Robert und Karl Walser - Ausstellung im Helmhaus Zürich, Präsidialabteilung der Stadt Zürich, Carl Seeling-Stiftung (Robert Walser-Archiv), Zürich, 1978, S.
38ff; - 33) Verena Senti-Schmidlin, Grosses Format Wandbilder von Karl Walser, Neues Museum Biel, Biel, 2013, S. 12ff; - 34) C. Amend, «Die neue deutsche Buchkultur» in Karlsruher Zeitung, 10. 1.
1912, S. 1f; - 35) Claire Badorrek-Hoguth, Der Buchkünstler Karl Walser eine Biographie, Verlag Badorrek, Bad Kissingen, 1983; - 36) Arthur Rössler, «Zu den Wandmalereien von Karl Walser» in
Deutsche Kunst und Dekoration, Band XLV, Darmstadt, Oktober 1919 bis März 1920, S. 221f; - 37) «Das Ballfest der Berliner Secession» in Die Werkstatt der Kunst, 11. 12. 1905, S. 149; - 38) «Das
Rosenfest in den Ausstellungshallen» in Berliner Tageblatt, Nr. 628, 1. Beiblatt, 10. 12. 1911, S. 5; - 39) E. W., «Karl Walsers Wandmalerei» in Kunst und Künstler, Nr. 6, 1916, S. 272ff; -
40) Peter Jeker, Kanti SO intakt - 175 Jahre Kantonsschule Solothurn 1833-2008, Olten, 2008, S. 101f; - 41) Hermann Hubacher, «Erinnerungen an Karl Walser» in NZZ, Zürich, 22. 10. 1943, S. 5; -
42) Ernst Schur, «Wohnkunst» in Der Baumeister, Nr. 4, Januar, 1912, S. 70; - 43) «Leonce und Lena» in Mitteilung der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, Nr. 1, Wien 1911, S. 16; - 44) Max
Osborn, Das Haus Walther Rathenau in Berlin-Grunewald“ in Moderne Bauformen: Monatsheft für Architektur und Raumkunst, November 1912, S. 468; - 45) «Fritz Andreae» in de.Wikipedia.org, abgerufen
2024: - 46) «Adolf Gans» in de.Wikipedia.org, abgerufen 2024; - 47) Walter Hugelshofer, «Neue Arbeiten von Karl Walser» in Kunst und Künstler, 1929, S. 460; - 48) Originalradierungen zum Besten
unserer Verwundeten in Kunstchronik, 10. 12. 1915, Leipzig, S. 112; - 49) Der Zwiebelfisch, 4. Jahrgang, München, 1912, S. 108; - 50) Lydia Burger, «Hans Trog als Theaterkritiker» in Schweizer
Theaterjahrbuch, Zürich 1955, S. 96; - 51) Doris Wild, «Wandmalereien von Karl Walser, Zürich» in Das Werk, Zürich, Januar 1934, S. 26: - 52) «The Exhibition Der gedeckte Tisch» in The Daily
record and the Dresden daily, 28. 1. 1908, S. 2: - 53) «Die Schauspielschule des Lessingtheaters» in Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Morgen-Ausgabe, 10. 8. 1913, S. 3, - 54) Marcus
Bourquin, 50 Jahre Städtebundtheater Biel-Solothurn: 1927-1977; mit einem Rückblick auf die Anfänge des Bieler Theaters und eine Ehrung Karl Walsers zu seinem 100. Geburtstag, Biel 1977, S 1ff; -
55) Peter Meyer, «Anmerkung zur Erneuerung des Berner Rathauses» in Schweizerische Bauzeitung, 25. 12. 1943, S. 322f; - 56) Judith Knippschild, Da wurde der Wunsch zur Begierde,
Inaugural-Dissertation, Philosophische Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, 2020, PDF, S. 95ff; - 57) «Theater Orchester Biel Solothurn - Die Wärme sollte kälter und die Kälte
sollte wärmer sein» in arttv.ch, 29. 4. 2016; - 58) Hermann Hesse, «Das Theater - Bühnenbilder und Kostüme von Karl Walser» in Börsenblatt für den deutschen Buchhandel, 5. 11. 1913, S. 11805; -
59) V. Henri Ghéon: Miroir de Jésus, Der Schweizer Sammler und Naturforscher, Nr. 12, Bern, 1935, S. 248; - 60) W. Vanessa, «Die Bibliophilen Jahresausgaben der Bernischen Kunstgesellschaft» in
Stultifera navis, Nr. 3/4, Basel 1949, S. 122; - 61) «Bedruckte Stoffe der oberhessischen Leinenindustrie» in Deutsche Kunst und Dekoration April/Mai 1917, S. 244ff: - 62) Franz Servaes, «Tapeten
im Goethehaus Frankfurt», Deutsche Kunst und Dekoration, Darmstadt, 10. 1917- 3. 1918, S. 365; - 63) «Faszination Japan», Informationsschild von NMB, 2024; - 64) Adolf Tièche, «Gemeinderat
Raaflaub und die Kunst» in Der Bund, 8. 8. 1953, S. 4; - 65) «Prämierung der schönsten Bücher des Jahres 1943» in NZZ, 4. 4. 1944, S. 5; - 66) «Die Wandbilder vom Karl Walser» in Unser
Stadttheater Bern, Edition Erpf, Bern, 1984, S. 24ff; - 67) Hannah Ripperger, Porträts von Tilla Durieux - Bildnerische Inszenierung eines Theaterstars, V&R unipress GmbH, Göttingen, S. 51 -
68) Bernhard Echte, «Bemerkungen zu Karl Walsers Japan-Reise 1908» in Jahresbericht vom NBM 1994, S.45ff; - 69) NMB Jahresbericht 1996; - 70) NMB Jahresbericht 1997; - 71) NMB
Jahresbericht 1999; - 72) NMB Jahresbericht 2000 und 2001; - 73) NMB Jahresbericht 2002; 74) - NMB Jahresbericht 2005; - 75) NMB, Pädagogisches Material, Karl Walser in Japan 1908,
Biel, 1917, S. 4f; - 76) «Fritz Kocher» in Kontrolle der Austrittszeugnisse vom Progymnasium Biel 1876-1905, Stadtarchiv Biel, AB. 117.1.38; 77) NMB Jahresbericht 1991
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